Empfehlung? Warnung!

Staatliche Stellen für Krypto-Trading-Werbung missbraucht

27.2.2025, 14:02 (CET)

Immer wieder machen Prominente ohne ihr Wissen oder ihre Erlaubnis Werbung für fragwürdige Krypto-Trading-Plattformen. Nun setzen Betrüger auch auf das Vertrauen in staatliche Organisationen.

Cyber Trading Fraud, also der Betrug mit angeblichen Online-Tradingplattformen, ist ein florierendes Geschäft. Betrugsversuche mit gefälschten Medienberichten über Prominente, die angeblich im Fernsehen den Grund für ihren Reichtum ausplaudern, sind immer wieder Gegenstand von Faktenchecks. Für einen neuen Täuschungsversuch müssen nun sogar offizielle Stellen herhalten: So soll die beworbene Plattform «Token Tact» einem Video und einem vermeintlichen ORF-Artikel zufolge vom Gouverneur der Österreichischen Nationalbank empfohlen worden sein. Stimmt das?

Bewertung

Das kursierende Video und der verlinkte Artikel sind gefälscht. Zudem gibt es keine Garantien von offiziellen Stellen für das beworbene Produkt. Im Gegenteil: Sowohl die Österreichische Nationalbank (OeNB) als auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) warnen vor der Plattform.

Fakten

Der Betrugsversuch beginnt mit einer via Facebook ausgespielten Werbeanzeige, die ein Video enthält. Der Clip gibt vor, ein Ausschnitt aus der Nachrichtensendung «Zeit im Bild» zu sein. Nadja Bernhard moderiert darin einen Beitrag an, in dem US-Milliardär Elon Musk angeblich über eine neue Plattform von OeNB-Gouverneur Robert Holzmann spricht.

Holzmann selbst kommt kurz darauf zu Wort und stellt klar, dass er nach eingehender Prüfung das zuvor von Musk beworbene Tool für gut befinde. Der Nationalbankchef spricht daraufhin eine Empfehlung aus.

Doch das komplette Video ist frei erfunden, das Gesprochene wurde mittels Künstlicher Intelligenz (KI) generiert. Dafür reichen meist schon wenige Minuten Vorlage aus - im Fall von Musk ist die verwendete Folge 2223 aus Joe Rogans Podcast mehr als zwei Stunden lang. Die generierten Aussagen und Mundbewegungen von Musk sind Fake, passen im Vergleich aber deutlich besser zusammen als bei Bernhard und Holzmann.

Anzeige verlinkt zu Fake-Artikel mit ORF-Logo

Daneben führt die Anzeige zu einem Fake-Artikel mit dem Logo des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF. Die von Holzmann geleitete Nationalbank verspricht dort, dass alle Einlagen durch sie versichert seien. Zudem garantiere die FMA die Einhaltung aller Vorschriften.

Beide Stellen widersprachen diesen Behauptungen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die OeNB erklärte zudem, nicht im Privatkundengeschäft tätig zu sein oder Investitionsempfehlungen abzugeben. Sie veröffentlichte eine Warnung vor dem KI-Video. Auch die FMA warnte infolge der Anfrage vor dem angeblichen Anbieter «Token Tact» und kündigte an, Strafanzeige zu erstatten.

Neben den inhaltlichen Erfindungen existieren auf der Fake-ORF-Seite auch augenscheinliche und aus früheren dpa-Faktenchecks bekannte Unstimmigkeiten: So verfügt sie etwa über kein für Medien verpflichtendes Impressum. Echte ORF-Artikel beginnen in der URL mit «orf.at» - die Fake-Seite hat hingegen eine andere Domain. Zudem werden am Ende der Seite echte ORF-Artikel aufgeführt. Diese erschienen allesamt am 26. Juli 2023 und verfügen im Gegensatz zu der Fälschung nicht über eine Kommentarfunktion.

Erfolgreiche Betrugsmasche: Gesamtschaden ist 2024 weiter gestiegen

Ziel der Betrüger ist es, über das auf der Seite platzierte und verlinkte Formular an die Daten unbedarfter Internetnutzer zu kommen, die von eigens eingerichteten Callcentern aus kontaktiert und in die Herausgabe von mindestens 250 Euro gelockt werden. Die gezeigten Beispiele angeblich erfolgreicher Investoren aus der Bevölkerung sind allesamt erfunden - ihre Fotos sind teilweise KI-generiert, stammen aus Online-Bilderbörsen oder sind mit Wasserzeichen versehen.

Cyber Trading Fraud (CTF) ist kein neues, aber ein stetig wachsendes Problem. Das Bundeskriminalamt Österreich (BK) berichtete auf Anfrage von einem angezeigten Gesamtschaden von fast 112 Millionen Euro im Jahr 2024. Dieser Wert lag weit über den 79 Millionen im Jahr davor und 60 Millionen in 2022. Im Vorjahr entfiel bereits mehr als ein Drittel des Gesamtschadens durch Betrug in Österreich auf CTF. Ähnliches meldete das BK auch für Deutschland und die Schweiz.

(Stand: 27.2.2025)

Links

Warnung der OeNB (archiviert)

Warnung der FMA (archiviert)

Bedingungen für KI-Stimmtraining (archiviert)

«The Joe Rogan Experience» - Folge #2223 (archiviert / als Video archiviert)

Suche nach dpa-Faktenchecks zum Thema (archiviert)

Impressumspflicht gemäß § 24 Mediengesetz (archiviert)

Echte ORF-Webseite «orf.at» (archiviert)

archivierte Version von «orf.at» vom 26. Juli 2023

Lichtreflexionen in KI-Portraits (archiviert)

Stockfoto bei Freepik (archiviert)

Foto mit Wasserzeichen (archiviert)

Fake-Webseite mit ORF-Logo (archiviert)

Facebook-Werbeanzeige mit Link (archiviert / Video archiviert)

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