Regierungsbildung

Steinmeier-Ankündigung zur deutschen Wahl ist erfunden

24.2.2025, 16:30 (CET)

Vermeintliche Politiker-Zitate sorgen oft für Empörung in sozialen Medien. Doch manchmal ist die Aufregung umsonst, weil die Aussage frei erfunden ist - wie bei einigen Sätzen, die dem deutschen Bundespräsidenten zugeschrieben werden.

Die Regierungsverhandlungen in Österreich und die jüngsten Wahlen in Deutschland werden von vielen Seiten kommentiert. Angeblich soll sich auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem allfälligen Regierungsbildungsauftrag geäußert haben. «Falls die rechtsextremen Rattenfänger bei der kommenden Wahl gewinnen», werde er ihnen den Auftrag nicht erteilen, lautet das angebliche Zitat, «koste es was es wolle».

Bewertung

Das dem Bundespräsidenten zugeschriebene angebliche Zitat ist frei erfunden. Es lässt sich in keiner verlässlichen Quelle finden. Auch das Bundespräsidialamt bezeichnete die Aussage auf dpa-Anfrage als «frei erfunden».

Fakten

Die vermeintliche Aussage, dass Steinmeier rechten Kräften keinen Regierungsauftrag erteilen wolle, kursiert in ähnlicher Form schon seit Längerem. Ein dpa-Faktencheck entlarvte eine ähnliche Behauptung bereits als Fälschung. Damals teilte das deutsche Bundespräsidialamt auf dpa-Anfrage mit, es sei «keine Aussage des Bundespräsidenten». Auch zur neuen Variante des angeblichen Zitats sagte eine Sprecherin des Amts: «Der Bundespräsident hat zu keinem Zeitpunkt derartiges gesagt.»

Keine Quellen

Weitere Recherchen bestätigen das. Reden und Aussagen des Präsidenten werden auf seiner Homepage und teilweise auf seinen Social-Media-Plattformen und dem X-Kanal der Sprecherin veröffentlicht. Auch hier gibt es keinen Hinweis auf die zitierte Passage.

Bei einer Online-Suche lassen sich keine Ergebnisse aus zuverlässigen Quellen finden. Den Begriff «Rattenfänger» hatte Steinmeier in einer älteren Rede verwendet. Diese wurde damals missverständlich gedeutet und nun mit einer erfundenen Aussage vermischt. Zuletzt kursierte bereits eine vermeintliche Drohung des Bundespräsidenten, die kommende Bundestagswahl könne bei unliebsamem Ausgang annulliert werden. Das Bundespräsidialamt sprach auch hier von einer Fälschung.

Unterschiedliche Wege zur Regierungsbildung

Ein Regierungsauftrag des Bundespräsidenten ist in Deutschland gar nicht vorgesehen. In Ländern wie Österreich ist es üblich, dass ein Auftrag dazu vergeben wird. Hingegen gibt der deutsche Präsident keiner Partei den Auftrag, eine Regierung zu bilden.

Laut deutschem Grundgesetz schlägt der Bundespräsident formell dem Bundestag einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl vor und ernennt die gewählte Person anschließend. Auf Vorschlag des Kanzlers oder der Kanzlerin wird dann der Rest des Kabinetts, also die Bundesministerinnen und -minister ernannt. Der Präsident ist zwar Teil der Regierungsbildung, allerdings neutral und an die Verfassung gebunden.

(Stand: 24.02.2025)

Links

Facebook-Post (archiviert

Bing-Suche (archiviert

Reden und Interviews des Bundespräsidenten (archiviert

Offizielle Webseite des Bundespräsidenten (archiviert

Amtliche Funktionen des Bundespräsidenten (archiviert

X-Account der Sprecherin des Bundespräsidenten

dpa-Faktencheck 1

dpa-Faktencheck 2

dpa-Faktencheck 3

Regierungsbildung in Österreich (archiviert

Artikel 63 des Grundgesetzes (archiviert

Artikel 64 des Grundgesetzes (archiviert)

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