Kein globaler Effekt
US-Studie untersuchte lokale Temperaturänderungen durch Windparks
27.2.2025, 12:19 (CET), letztes Update: 27.2.2025, 14:55 (CET)
In sozialen Netzwerken wird regelmäßig der Nutzen von Windkraftanlagen angezweifelt. So heißt es in einem Blogartikel, dass Windparks «genau das, was sie verhindern sollten», verursachen: die Klimaerwärmung. Dazu wird eine Untersuchung aus den USA im Jahr 2018 genannt, die sich mit Temperaturen in der direkten Umgebung von Windkraftanlagen beschäftigt. Trägt dieser Effekt tatsächlich zur Erwärmung der Atmosphäre bei?
Bewertung
Windräder können die Bodentemperatur in der unmittelbaren Umgebung beeinflussen, haben aber keinen Einfluss auf das globale Klima. Sie verursachen also nicht die Klimaerwärmung.
Fakten
Die Studie aus den USA von Lee M. Miller und David W. Keith kommt zu dem Ergebnis, dass Windparks das lokale Mikroklima, also die direkte Umgebung von Windrädern, beeinflussen können. Die Bodentemperatur rund um die Anlagen kann demnach zeitweise leicht erhöht sein.
Das bedeutet aber nicht, dass Windparks zur Erwärmung der Atmosphäre beitragen. Die IG Windkraft teilt auf dpa-Anfrage schriftlich mit: «Die Behauptung, dass Windräder durch Luftverwirbelungen zur Klimaerwärmung beitragen könnten, ist nachweislich falsch. Zwar können Windräder kleine Auswirkungen auf das örtliche Mikroklima haben, da die Rotordrehung vor Ort für eine teilweise Durchmischung von kalten und warmen Luftschichten sorgt - diese sind aber minimal und lokal sehr begrenzt.»
Auch eine Recherche des MDR kommt zu dem Ergebnis, dass sich keine Effekte auf das globale Klima durch Windkraftanlagen nachweisen lassen. Windräder setzen so gut wie keine Wärmeenergie frei, sondern durchmischen lediglich unterschiedlich warme Luftschichten. Die Rotorblätter können kalte Luft vom Boden nach oben und wärmere von oben Richtung Boden wirbeln.
«Betrachtet über die ganze Atmosphäre, sehen sie gar keine Temperaturveränderung, sie sehen nur eine andere Verteilung der Wärme. Also unten wärmer, oben kühler - am Ende gleicht es sich wieder aus», sagte der Meteorologe Stefan Emeis im MDR-Interview.
Temperaturveränderungen für Landwirtschaft vorteilhaft
Laut einem Bericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags ist der klimatische Effekt durch den Betrieb von Windrädern eher nachts von Bedeutung. Tagsüber haben Windräder kaum Einfluss auf die Bodentemperatur, da die Sonnenstrahlung die Bodenoberfläche ohnehin schon erwärmt. Die nächtliche Temperaturveränderung kann sogar Positives bringen: Windräder werden als «Frostschutzräder» bereits in der Landwirtschaft verwendet, da sie durch das Durchwirbeln wärmere Luft zu Boden bringen und so Bodenfrost verhindern.
Das gemeinnützige britische Unternehmen Science Media Centre hat Stellungnahmen zur Studie von Miller und Keith gesammelt. Wissenschaftler wie Kevin Anderson, Professor für Energie und Klimawandel an der University of Manchester, betonen, dass der Klimawandel hauptsächlich auf der Verbrennung fossiler Brennstoffe beruhe und die Entwaldung und der Verzehr von Fleisch dabei eine wichtige Rolle spielen. Laut Anderson solle darum dieses Papier von Miller und Keith nicht fälschlicherweise als Ausrede verwendet werden, um eine echte und wirksame Minderung des klimaschädlichen Effekts aufzuschieben.
Judith Wolf, Physikerin im Bereich erneuerbare Energien am britischen National Oceanography Centre, macht darauf aufmerksam, dass es wichtig sei, die Ergebnisse im richtigen Kontext zu sehen. In der Studie von Miller und Keith werde nicht behauptet, dass Windkraft nicht als relativ «grüne» Energiequelle verwendet werden kann.
(Stand: 27.2.2025)
Links
Studie von Lee M. Miller und David W. Keith (archiviert)
Bericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.