Kein Bekenntnis des WEF
Zitierter Absatz dreht sich um Infektionsschutzmaßnahmen
18.2.2025, 17:33 (CET)
Die Corona-Pandemie ist noch immer ein Nährboden für Verschwörungsmythen. Viele drehen sich um eine angebliche Rolle des Weltwirtschaftsforums (WEF). Auf Facebook wurde die Behauptung geteilt, dass das WEF angeblich gestanden habe, die Corona-Pandemie sei ein «Gehorsamkeitstest» gewesen. Auch auf einem in Österreich verbreiteten Sharepic liest man: «Nun gibt das «World Economic Forum» offiziell zu: Bei Covid ging es um Gehorsam - nicht um Gesundheit.»
Bewertung
Der zitierte Text ist ein Meinungsbeitrag zweier Wissenschafter aus Indien. Die Aussage, bei der Pandemie sei es nicht um Gesundheit gegangen, findet sich darin nicht.
Fakten
Die Postings basieren auf einem Beitrag der rechtsgerichteten Medienplattform Auf1.tv, wie man am Logo erkennt. Auf den Sharepics sind sowohl ein kurzer Auszug aus einem englischsprachigen Kommentar von Kunal Kumar und Mridul Kaushik als auch dessen deutsche Übersetzung zu erkennen. Der Text trägt den Titel ««My carbon»: An approach for inclusive and sustainable cities» (auf Deutsch: ««Mein Kohlenstoff»: Ein Ansatz für integrative und nachhaltige Städte») und ist am 14. September 2022 auf der Website des WEF veröffentlicht worden.
Das WEF gebe nun offiziell zu, dass es bei Covid «um Gehorsam - nicht um Gesundheit» gegangen sei, heißt es in den Social-Media-Postings. Jedoch stellen weder der Auszug noch der gesamte Artikel ein «WEF-Geständnis» dar.
Erstens wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Text die Meinung der Autoren wiedergibt - und nicht die des WEF. Zweitens ist an keiner Stelle des Textes davon die Rede, dass es bei den Infektionsschutzmaßnahmen «nicht um Gesundheit» gegangen sei. Im Gegenteil: In dem Abschnitt, der in den Sharepics geteilt wird, ist zweimal von «public health» die Rede.
Die Autoren befassen sich ansonsten mit der Frage, wie die Kohlenstoffemissionen großer Städte verringert werden könnten. Bisherige Versuche seien demnach wegen eines «Mangels an gesellschaftlicher Akzeptanz, politischen Widerstands und eines Mangels an Bewusstsein und fairen Mechanismen zur Erfassung der Emissionen nur begrenzt erfolgreich» gewesen, heißt es.
Mehrere Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit hätten jedoch ein wachsendes Verständnis für die Verantwortung gegenüber der Natur und der Umwelt geschaffen. Als erste Entwicklung nennen Kumar und Kaushik die Corona-Pandemie als Gradmesser für soziale Verantwortung.
Weder handelt es sich somit um ein aktuelles «Geständnis» - der Meinungskommentar stammt aus dem Jahr 2022 - noch ist, wie fälschlich behauptet, von einem «Gehorsamkeitstest» die Rede. Das irische Faktenchecker-Team von «Logically Facts» kam bereits 2022 zu demselben Ergebnis.
Immer wieder Mythen über Klaus Schwab
In den Facebook-Postings findet sich auch ein Aufruf von Auf1, gegen den «Great Reset» («großer Neustart») aktiv zu werden. Das Medium warnt unter diesem Namen immer wieder vor einem großen wirtschaftlichen und sozialen Umbruch, wie er WEF-Gründer Klaus Schwab vorschwebe und welcher unter anderem zur Enteignung der breiten Bevölkerung führen solle.
Schwab hatte im Juni 2020 unter dem Titel «Jetzt ist die Zeit für einen «großen Neustart» gekommen» («Now is the time for a «great reset»») angesichts von Covid-19 und anderer Krisen einen globalen politischen und wirtschaftlichen Neubeginn gefordert und die Pandemie als «seltene, aber kurze Gelegenheit» dargestellt, um «über unsere Welt nachzudenken, sie neu zu denken und neu zu gestalten, um eine gesündere, gerechtere und wohlhabendere Zukunft zu schaffen». Schwab ist immer wieder Zielscheibe von Verschwörungsmythen.
(Stand: 18.2.2025)
Links
Facebook-Posting 1 (archiviert)
Facebook-Posting 2 (archiviert)
Online-Plattform Auf1 (archiviert)
Meinungsartikel auf WEF-Seite (archiviert)
Faktencheck von «Logically Facts» (archiviert)
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