Deutschen Grünen werden teils falsche Zitate in den Mund gelegt

Immer wieder verbreiten sich vermeintliche Sätze von Politikerinnen und Politikern, die ihnen fälschlicherweise in den Mund gelegt oder ohne Kontext wiedergegeben werden. Aktuell kursiert in den Sozialen Medien ein älteres Sharepic, das acht Zitatbilder von deutschen Grünen vereint. Viele davon wurden bereits in der Vergangenheit als Fälschungen entlarvt.

Bewertung

Einige der Zitate sind frei erfunden, andere aus dem Kontext gerissen.

Fakten

Jürgen Trittin, ehemaliger deutsche Umweltminister und bis 2024 Abgeordneter des Bundestages, soll laut der Collage gesagt haben: «Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte. Uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land...».

Das angebliche Zitat wird seit mehreren Jahren unterschiedlichen Grünen-Politikern, darunter Joschka Fischer, unterstellt. Laut einer Recherche der «Braunschweiger Zeitung» ist es jedoch frei erfunden. Die Zeitung hatte das Zitat zunächst in einem Leserbrief veröffentlicht. Nachdem es Beschwerden dazu gegeben hatte, überprüfte die Redaktion dessen Authentizität erneut.

Auch eine vermeintliche Aussage von Sieglinde Frieß wird auf dem Sharepic verbreitet. «Ich wollte dass Frankreich bis zur Elbe reicht und Polen direkt an Frankreich grenzt», soll die ehemalige Gewerkschafterin gesagt haben (Schreibweise im Original).

Tatsächlich stammt der Satz jedoch aus einem Gedicht des deutschen Kabarettisten Wolfgang Neuss und wurde 1989 von Frieß, damals Grünen-Abgeordnete, in einer Rede vor dem Bundestag lediglich zitiert. Im entsprechenden Plenarprotokoll kann der Kontext nachgelesen werden.

Das entsprechende Gedicht wurde in «Das Wolfgang-Neuss-Buch» von Autor Volker Kühn abgedruckt, das 1981 im Satire-Verlag in Köln erschien. Dies bestätigte die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt der dpa auf Anfrage. Ursprünglich wurde der Text demnach in der Zeitschrift «Neuss-Deutschland: Organ des Zentralkomikerteams der Satirischen Einheitspartei Deutschlands» im Jahr 1965 veröffentlicht.

Laut dem Posting soll ÇigdemAkkaya gesagt haben: «Die Leute werden endlich Abschied nehmen von der Illusiion, Deutschland gehöre den Deutschen.....» (Schreibweise im Original). Die ehemalige stellvertretende Direktorin des Essener Zentrums für Türkeistudien war aktuell auf dpa-Anfrage zu keiner Stellungnahme mehr bereit. Gegenüber den Faktencheckern von Correctiv hatte sie Anfang 2019 angegeben, diesen Satz in einem Interview mit der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» in den 1990er Jahren so gesagt zu haben.

Sie fühle sich jedoch falsch verstanden und betonte, dass sie gemeint hatte, Rechtsradikale müssten sich von der Illusion verabschieden, Deutschland gehöre nur den Deutschen. Die Faktenchecker von Mimikama halten zusätzlich fest, dass Akkaya niemals Mitglied der Grünen war.

Auf dem Zitatbild mit dem Konterfei des Grünen-Politikers Daniel Cohn-Bendit ist zu lesen: «wir, die Grünen, müssen dafür sorgen so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland zu holen. Wenn sie in Deutschland sind müssen wir für ihr Wahlrecht kämpfen. Wenn wir das erreicht haben werden wir den Stimmenanteil haben den wir brauchen um diese Republik zu verändern.» (Schreibweise im Original)

Dieses vermeintliche Zitat von Cohn-Bendit kursiert seit Jahren und wurde bereits mehrmals widerlegt. Auf schriftliche Anfrage der dpa, ob er sich irgendwann in dieser oder ähnlicher Form geäußert habe, antwortete der ehemalige EU-Parlamentarier: «Nein habe ich nicht.» 

«Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen...... Ich wusste mit "Deutschland" noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht....». Diese Aussage wird Robert Habeck, aktuell Stellvertreter des deutschen Bundeskanzlers, zugeschrieben. Das Zitat stammt aus Habecks Buch «Patriotismus: Ein linkes Plädoyer», wurde aber laut einem Correctiv-Faktencheck aus dem Zusammenhang gerissen.

Katrin Göring-Eckardt wird auf dem Sharepic folgendes Zitat zugeordnet: «natürlich gehört der ISLAM zu Deutschland und natürlich gehören Muslime zu Deutschland. und ich finde, darüber können wir ganz schön froh sein. Es wäre sehr langweilig wenn wir nur mit uns zu tun hätten.» (Schreibweise im Original) Auf der Seite Wikiquote wird das Zitat mit Verweis auf ein Interview in der RBB-Sendung «Der Kandidatencheck» am 18. September 2017 aufgeführt. Das Interview ist noch in einem Internetarchiv abrufbar, bei Minute 9:55 fällt das Zitat.

«Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen !!!» (Schreibweise im Original) Dies soll die Grünen-Politikerin Renate Künast gesagt haben. Die Bundestagsabgeordnete postete bereits 2015 dazu eine ausführliche Stellungnahme auf Facebook.

Gegenüber der dpa wiederholte sie unter Verweis auf das weiterhin aktuelle Posting: «Diese Aussage habe ich nicht gemacht. Vielmehr habe ich vor Jahren in einer Gesprächsrunde bei "Beckmann/ARD" auf Thilo Sarrazin reagiert, der sich schlicht weigerte, den Namen von Aygül Özkan, einer weiteren Gesprächspartnerin, korrekt auszusprechen und gesagt: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken."»

Die Bezirksamtsleiterin von Hamburg-Altona Stefanie von Berg soll laut dem Sharepic gesagt haben: «Es ist gut so, das wir Deutsche bald in der Minderheit sind....» (Schreibweise im Original). Das vermeintliche Zitat kursiert schon seit einigen Jahren in den Sozialen Medien. Faktenchecker von Mimikama haben auf Youtube eine Rede der Grünen-Politikerin von November 2015 gefunden, in der sie sich eingangs optimistisch zu einer Entwicklung hin zu einer pluralistischen, «superkulturellen» Gesellschaft äußert. «Das ist das, was wir haben werden in der Zukunft. Und ich sage Ihnen auch ganz deutlich, gerade in Richtung rechts: das ist gut so!», sagt von Berg darin. Das angebliche Zitat hört man dort nicht.

(Stand: 3.2.2025)