Keine Wettermanipulation
Verordnung zur Corona-Bekämpfung in Spanien fehlinterpretiert
29.11.2024, 13:37 (CET)
Die großräumige Beeinflussung des Wetters durch den Menschen befindet sich noch im Experimentierstadium. Trotzdem gibt es immer wieder Gerüchte über verdeckte Wettermanipulationen durch Staaten. So findet sich auf Facebook aktuell die Behauptung, die spanische Wetteragentur habe zugegeben, dass die Halbinsel mit Bleidioxid, Silberjodid und Kieselgur besprüht wird. Am unteren Rand des Screenshots steht: «13.10.2021 https://www.voziberia.com».
Bewertung
Für die Behauptung gibt es keinen Beleg. Die im Artikel angegebenen Quellen drehen sich nicht um Wettermanipulation.
Fakten
Sucht man mit dem angegebenen Datum auf der spanischen Medienplattform «Voz Ibérica», so stößt man auf den Artikel, der - in deutscher Übersetzung - bei Facebook geteilt wird.
Laut «Voz Ibérica» soll die Regierung in Madrid den Einsatz von Bioziden aus der Luft gestattet haben. Die Medienplattform zieht dabei zum einen eine Verordnung des spanischen Gesundheitsministeriums von April 2020 heran und zitiert zum anderen den liberalen Europamandatar Ramon Tremosa i Balcells.
Dieser habe vor dem EU-Parlament im Mai 2015 bekanntgegeben, vier Mitarbeiter der staatlichen Wetterbehörde hätten gestanden, dass ganz Spanien mit Bleidioxid, Silberjodid und Kieselgur besprüht werde, heißt es in dem Artikel. Das Ziel sei, Regenfälle abzuwenden und einen sowohl für Tourismus als auch Landwirtschaft förderlichen Temperaturanstieg zu erzielen, so «Voz Ibérica».
Tatsächlich handelt es sich dabei nicht um eine Bekanntgabe, sondern um eine parlamentarische Anfrage von Tremosa an die EU-Kommission, in der auf eine - laut einem Faktencheck des Madrider Online-Mediums «Maldita» seit 2014 zirkulierende - Behauptung Bezug genommen wird.
Die EU-Behörde in Brüssel dementierte, von der spanischen Wetteragentur (AEMET) einen entsprechenden Bericht erhalten zu haben. Man habe die Angelegenheit gemeinsam mit den spanischen Behörden untersucht und es seien keine Beweise für ein militärisches Geoengineering-Programm zur Klimaveränderung in Spanien gefunden worden. Zudem unterstrich die EU-Kommission unter Verweis auf eine frühere Stellungnahme, dass sie Eingriffe ins Klimasystem nicht für die Lösung von Umweltproblemen halte. Die AEMET beantwortete eine dpa-Anfrage nicht.
Verordnung des Gesundheitsministeriums fehlinterpretiert
Auch die von «Voz Ibérica» zitierte Verordnung des Gesundheitsministeriums beinhaltet keine Erlaubnis der Wetterbeeinflussung. Das Ministerium erteilte darin den ABC-Einheiten der spanischen Streitkräfte und der militärischen Notfalleinheit lediglich die Befugnis, Luftdesinfektionsverfahren mit von der Gesundheitsbehörde zugelassenen Bioziden zur Eindämmung der Corona-Pandemie durchzuführen.
Damit sind verschiedene Formen der Vernebelung gemeint, die zum Einsatz in Sozialzentren, Gesundheitseinrichtungen, Behörden und Verkehrsknotenpunkten kommen sollten. Zeitlich war diese Erlaubnis laut dem staatlichen Amtsblatt auf die Dauer des Alarmzustandes begrenzt. Dieser wurde am 14. März 2020 ausgerufen und endete am 21. Juni 2020.
(Stand: 29.11.2024)
Links
Agencia Estatal de Meteorología (AEMET) (archiviert)
«Voz Ibérica»-Artikel (archiviert)
Verordnung des spanischen Gesundheitsministeriums von April 2020 (archiviert)
Parlamentarische Anfrage im EU-Parlament (archiviert)
«Maldita»-Faktencheck (archiviert)
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