Projekte verwechselt

Österreich finanziert in Ungarn Aufklärung im Nuklearbereich

25.11.2024, 16:06 (CET)

Dem österreichischen Klimaministerium wird in einem Online-Video vorgeworfen, über ein Förderprogramm für Medien der US-Botschaft politischen Einfluss im Nachbarland Ungarn zu nehmen. Alle beteiligten Institutionen dementieren dies.

Die Einflussnahme aus dem Ausland auf demokratische und politische Prozesse ist seit jeher Teil geopolitischer Strategien. Sollen Medien beeinflusst werden, geschieht dies meist durch ökonomische Hebel. Nun wird in einem Video der Online-Plattform «Auf1.tv» die Frage aufgeworfen, ob das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) einen Umsturz in Ungarn indirekt unterstützt.

Dem Beitrag zufolge soll das BMK die ungarische Stiftung Ökotárs mit 55.000 Euro unterstützen. Diese sei an der Vorauswahl jener Medien beteiligt, die für das Förderprogramm der US-Botschaft in Betracht kommen, heißt es in dem Video. Neben Steuergeldern aus Österreich erhalte die Stiftung auch Zuwendungen von dem amerikanischen Milliardär George Soros, so der Kommentar des Videos. Das Video wurde auf Facebook mehrmals geteilt (unter anderem hier, hier und hier).

Bewertung

Die Behauptung ist irreführend. Die erwähnten Institutionen dementierten gegenüber der dpa die Darstellung von «Auf1.tv». Das österreichische Ministerium ist laut eigenen Angaben nicht an dem Medienprojekt der US-Botschaft beteiligt.

Fakten

Das Online-Portal «Auf1.tv» bezieht seine Informationen großteils von einem Artikel der dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán nahestehenden Tageszeitung «Magyar Nemzet» vom 29. Oktober 2024. Eine dpa-Anfrage bei der Zeitung blieb unbeantwortet.

Mit der von «Auf1.tv» erwähnten Initiative habe das BMK weder direkt noch indirekt zu tun, teilte das Ministerium auf Anfrage der dpa mit. Die Stiftung Ökotárs werde von Österreich ausschließlich bei der Arbeit zur Aufklärung im Nuklearbereich in Ungarn, Bulgarien und der Tschechischen Republik mit maximal 31.305 Euro pro Jahr unterstützt.

Die NGO übernehme die organisatorische Abwicklung von Bildungs- und Aufklärungsprojekten anderer Organisationen. Das Geld werde nur nach Belegsabrechnung und Berichtslegung ausbezahlt. Die projektspezifisch gewährten Fördermittel würden nach Maßgabe fälliger Zahlungen unverzüglich an die einzelnen Förderungswerber weitergeleitet, hieß es.

Im aktuellen Jahr betrügen die maximalen Projektförderungen im Bereich der nuklearen Aufklärung und Bildung für tschechische Organisationen 13.763,46 Euro, für bulgarische Organisationen 19.912,90 Euro und für ungarische Organisationen 9.993,29 Euro. Diese Gelder kämen nicht Ökotárs zugute. «Woher mögliche anderslautende Angaben in rechtsextremen Youtube-Kanälen kommen, können wir nicht nachvollziehen», so ein Sprecher des BMK.

Die Stiftung sei überdies nicht verpflichtet, das Ministerium im Detail über andere Projekte zu informieren. Dies bestätigten die Stiftung und die US-Botschaft. Eine Sprecherin von Ökotárs teilte der dpa mit, dass sie sowohl von der US-Botschaft in Budapest als auch vom BMK Unterstützung erhalte, jedoch für zwei völlig unterschiedliche Programme und Zwecke.

Mit den Geldern des österreichischen Ministeriums werde ein Förderprogramm im Rahmen des «Joint Project» für Nukleares Risiko und Öffentliche Kontrolle durchgeführt, mit dem Ziel, Umweltorganisationen in Ungarn, der Tschechischen Republik und Bulgarien zu unterstützen. Für den Zeitraum 2023-2024 seien ungefähr 75.000 Euro vertraglich vereinbart worden, von denen rund 31.500 Euro bei Ökotárs blieben, um eigene Kosten, Veranstaltungen und Expertenhonorare abzudecken. Die Unterstützung werde in mehreren Raten ausbezahlt, 2023 seien es 55.000 Euro gewesen.

US-Botschaft finanziert Medienförderprogramm

Mit den Mitteln der diplomatischen Vertretung der Vereinigten Staaten werde ein kleines Förderprogramm verwaltet, das darauf abziele, unabhängige Medien in Ungarn zu unterstützen. Ökotárs erhalte zweimal 500.000 US-Dollar, von denen 90 Prozent an Medienunternehmen und -organisationen weitergegeben werden. Das Programm sei im September 2023 gestartet und laufe bis Oktober 2025. Bisher seien 26 Förderungen an Medienorganisationen vergeben worden. Bei der genannten Ausschreibung handle es sich bereits um die dritte. Die Einreichfrist lief laut Homepage bis 15. November 2024.

Die Open Society Foundations (OSF) von George Soros sind laut Ökotárs an keinem der beiden Programme beteiligt. Zuletzt habe die Stiftung im Jahr 2022 einen Zuschuss von OSF als Beitrag zur erforderlichen Kofinanzierung für das laufende EU-finanzierte Projekt «Unsere gemeinsamen Werte» erhalten.

Auch die US-Botschaft in Budapest stellte auf Anfrage der dpa klar, dass weder OSF noch das österreichische Umweltministerium an ihrem Medienunterstützungsprogramm beteiligt seien. Wie in der Ausschreibung festgehalten werde, kämen nur unabhängige Medienorganisationen für eine Förderung in Frage. Die Empfänger dürften keiner politischen Organisation angehören oder von dieser finanziert werden, so ein Sprecher. Dementsprechend sei die Unterstützung der US-Botschaft ausdrücklich überparteilich und unpolitisch angelegt.

(Stand: 25.11.2024)

Links

Video auf der Online-Plattform auf1.tv (archiviert)

Facebook-Posting mit Video (archiviert)

Facebook-Posting mit Claim und Telegram-Link (archiviert)

Facebook-Posting mit Video (archiviert)

Homepage Stiftung Ökotárs (archiviert)

Artikel vom 29. Oktober 2024 in der «Magyar Nemzet» (archiviert)

«Joint Project» für Nukleares Risiko und Öffentliche Kontrolle (archiviert)

Free Media Förderprogramm der Stiftung Ökotárs - 3. Ausschreibung und Richtlinien (archiviert)

EU-Projekt «Unsere gemeinsamen Werte» (archiviert)

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