Kein reines Satellitenfoto

Visualisierung von Waldbränden in Südamerika irreführend

15.10.2024, 16:24 (CEST)

Südamerika kämpft immer wieder mit massiven Waldbränden. Ein Sharepic, das die Brände zeigen soll, ist jedoch irreführend.

Bilder sagen mehr als Worte. So wird bei Facebook ein Sharepic geteilt, auf dem man den südamerikanischen Kontinent sieht. Offensichtlich handelt es sich um eine Kombination aus Kartenmaterial und Satellitenaufnahmen, denn es sind einerseits Staaten und Städte eingezeichnet, andererseits erkennt man zum Beispiel Wolken. Der anscheinend automatisch ins Deutsche übersetzten Bildbeschreibung zufolge handelt es sich um ein Satellitenbild vom 14. September, das «die Feuerszene in Südamerika» zeigen soll. Und tatsächlich erscheinen in der Darstellung weite Flächen des Kontinents, vor allem in Peru und Brasilien, orange bis rot. Standen zu diesem Zeitpunkt so große Teile der Staaten in Flammen, dass eine derartige Satellitenaufnahme entstehen konnte?

Bewertung

Der Eindruck täuscht. Die Waldbrände in Südamerika sind zwar verheerend, sie betreffen jedoch eine kleinere Fläche als die hier farblich hervorgehoben. Für das Bild wurden Satellitenaufnahmen durch visualisierte Daten ergänzt. Die gelben und roten Punkte zeigen zwar Wärmequellen, ihre Größe entspricht jedoch nicht der tatsächlichen Größe der Feuer.

Fakten

Die Satellitenbilder werden auch von seriösen Quellen verbreitet. Sie werden aber oft nicht weiter erklärt, und damit missinterpretiert oder für unglaubwürdig gehalten.

Datenmessung der NASA

Die Screenshots in den Sharepics stammen, wie es im Text erwähnt wird, von Zoom Earth. Beim Einschalten der Brandansicht (unten rechts) wird eine Warnung eingeblendet, dass die Bilder eine begrenzte Genauigkeit haben.

Unter «Information» (oben rechts) findet man die Quelle der Brandinformationen: Diese stammen aus einem NASA-Online-Tool mit dem Namen «Fire Information for Resource Management System». Zu sehen sind aber keine Fotos. Das Tool stellt die Karte aus Satellitenbildern, die von verschiedenen Zeitpunkten stammen, und Daten, die zur Visualisierung der Brände erhoben wurden, zusammen. Die Bildgrundlage heißt «Blue Marble» und wurde 2004 von NASA erstellt.

Warum mehrere Bilder zusammengefügt werden

Die Sensoren der Satelliten sind nicht groß genug, um einen gesamten Kontinent und schon gar nicht die gesamte Erdkugel auf einmal abzubilden. Wie die NASA erklärt, hat der Sensor, der zur Erzeugung von «Blue Marble» verwendet wird, «eine Sichtfeldbreite von 2,330 km» und nimmt die gesamte Erdoberfläche etwa alle ein bis zwei Tage auf. Außerdem werden nur Ausschnitte ohne Bewölkung verwendet.

Im FIRMS-Tool kann man auch die Ansicht ändern, um die Brände zu visualisieren. Die Technik, die NASA zur Erkennung von Bränden nutzt, und welche Satelliten über diese Technik verfügen, wird hier erklärt.

Wie Feuer erkannt wird, erläutert NASA: «Die Branderkennung erfolgt mithilfe eines kontextbezogenen Algorithmus, der die starke Emission von Strahlung im mittleren Infrarotbereich von Bränden ausnutzt. Der NASA-MODIS-Algorithmus untersucht jedes Pixel des MODIS-Schwadens und ordnet jedem Pixel schließlich eine der folgenden Klassen zu: fehlende Daten, Wolken, Wasser, kein Feuer, Feuer oder unbekannt.»

Wichtig dabei: Die roten Flächen, die auf den Bildern sichtbar sind, zeigen nicht, wie manche Nutzer von sozialen Medien vermuten, die Brände im Original, wie sie ein menschliches Auge aus der Perspektive eines Satelliten sehen würde. Weil Feuer am besten via Infrarot-Sensoren erkennbar sind, müssen die Daten grafisch bearbeitet werden, damit man Brände auch sehen kann.

Um die Bilder richtig zu verstehen, muss man auch die Auflösung beachten. Das Feuer ist oft weniger groß als der farblich hervorgehobene Bereich, es ist daher nicht möglich, den genauen Standort oder die genaue Größe des Feuers festzustellen. Lediglich ist darin abzulesen, dass es eine Wärmequelle in diesem Bereich gab.

Durch diese Visualisierung wirkt es so, als ob eine wesentlich größere Fläche betroffen ist - vor allem, wenn man einen ganzen Kontinent betrachtet.

Feuerkatastrophe in Südamerika nicht zu unterschätzen

All das soll allerdings nicht heißen, dass die Situation in Südamerika nicht verheerend ist. 2024 wurden bereits mehr als 70.000 Feuer registriert, die Waldbrandaktivität lag weit über dem Durchschnitt. Bis 19. September wurden allein in Brasilien 183 Megatonnen Kohlenstoff freigesetzt.

(Stand: 14.10.2024)

Links

Facebook-Behauptung (archiviert)

Community Note auf X (archiviert)

Zoom Earth Map (archiviert am 25.9.2024)

X-Behauptung (archiviert)

Zoom Earth Map (archiviert)

ORF zu Waldbrände in Südamerika (archiviert)

NASA-FIRMS (archiviert)

NASA Terra Modis (archiviert)

NASA Blue Marble (archiviert)

NASA Modis Data (archiviert)

NASA FIRMS Fire on the ground (archiviert)

FAZ zu Dürren in Südamerika (archiviert)

NASA FIRM FAQS (archiviert)

«Tagesschau» zu Feuer in Brasilien (archiviert)

«Kurier» zu Kohlenstoff-Emissionen in Südamerika (archiviert)

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