Ukraine-Krieg

Ukraine verbietet orthodoxe Kirche mit Russland-Verbindungen

20.9.2024, 15:11 (CEST), letztes Update: 20.9.2024, 15:25 (CEST)

Die religiöse Situation in der Ukraine ist kompliziert. Ein Post wirft Präsident Volodymyr Selenskyj im September vor, dass er «die Kirche» in seinem Land verboten habe. Kann das stimmen?

In der Ukraine gibt es viele Kirchen mit verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen. Auf X ist ein Video zu sehen, in dem ukrainische Sicherheitskräfte Gläubige vor ihrer Kirche aufhalten. «Heute hat Selenskyj die Kirche in der Ukraine verboten», heißt es in einem Post zum Video, und im weiteren: «Der Gott wurde aus der Ukraine vertrieben». Wie soll man diese Behauptungen verstehen?

Bewertung

In der Ukraine wurde nur die ukrainisch-orthodoxe Kirche verboten - die Staatsführung wirft ihr vor, russische Verbrechen zu rechtfertigen und Propaganda zu vermitteln. 

Fakten

Die Entwicklung der orthodoxen Kirche in der Ukraine spiegelt die politischen und religiösen Spannungen zwischen der Ukraine und Russland wider. Historisch gesehen war die ukrainische orthodoxe Kirche lange Zeit mit dem Patriarchat in Moskau verbunden. Im Zuge von den ukrainischen Unabhängigkeitsbestrebungen, besonders nach 2014 und der russischen Annexion der Krim, kam es innerhalb der Kirche auch zu bedeutenden Veränderungen.

Im Jahr 2018 kam ein Wendepunkt, als aus mehreren kleineren Abspaltungen die «Orthodoxe Kirche der Ukraine» (OKU) entstand. Die neue Kirche wurde vom ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel als eigenständig anerkannt. Diese Entscheidung führte zu einem Bruch mit Moskau, die die Unabhängigkeit nicht anerkannte und weiterhin die «Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats» (UOK-MP) unterstützte.

Die Situation wurde mit dem russischen Angriffskrieg Anfang 2022 verschärft. Auch die UOK-MP, die traditionell noch Moskau unterstand, distanzierte sich und erklärte ihre Unabhängigkeit. Dennoch blieb die Regierung in der Ukraine skeptisch und warf ihr vor, dass einige ihrer Kleriker weiterhin prorussische Interessen vertreten. Das führte zu einem Parlamentsbeschluss im August 2024, der die Aktivitäten der UOK-MP in der Ukraine verbot.

Die Gemeinden der Kirche haben nach dem Verbot neun Monate Zeit, um sich von der UOK-MP loszusagen. Metropolit Epifanij, das Oberhaupt der «Orthodoxen Kirche der Ukraine», rief die Gläubigen dazu auf, seiner Kirche beizutreten. Zu den kritischen Stimmen gegenüber dem Verbot zählte Papst Franziskus, der die Bedeutung der Religionsfreiheit betonte.

(Stand: 20.9.2024)

Links

X-Behauptung (archiviert, Video)

Medienbericht zum Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (archiviert)

Glossar des Domradios zur orthodoxen Kirche in der Ukraine (archiviert)

Medienbericht zum Vorgehen der Ukraine gegen moskautreue Gemeinden (archiviert)

Äußerungen von Papst Franziskus (archiviert)

Kleine Zeitung zu Verbot der orthodoxen Kirche (archiviert)

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