Falscher Vergleich

Solarmodule sind weitgehend wiederverwertbar

7.8.2024, 16:28 (CEST)

Solarenergie gilt als ein Grundpfeiler der erneuerbaren Energien. Dennoch gibt es Widerstand gegen diese Methode der Energieerzeugung. Kritiker stellen dabei auch falsche Behauptungen auf.

Nicht zum ersten Mal macht eine Falschbehauptung zur Photovoltaik auf Facebook die Runde. Darin heißt es, dass Solarmodule im Durchschnitt 25 bis 30 Jahre halten – und deshalb soll es zwischen 2030 und 2060 voraussichtlich 9,8 Millionen Tonnen Solarmodul-Abfall geben. Der Beitrag fährt fort: «Eine Studie ergab, dass Solarmodule pro Energieeinheit 300-mal mehr Giftmüll erzeugen als Atomkraftwerke.» Dieser Vergleich ist falsch.

Bewertung

Solarmodule haben tatsächlich eine Lebensdauer von etwa 25 bis 30 Jahre. Somit werden auch Millionen Tonnen Solarzellenabfall nach der ersten Generation der Module erwartet. Aber im Gegensatz zu Abfall von Atomkraftwerken können Solarmodule wiederverwertet werden – und sind nicht radioaktiv. 

Fakten

Im Schnitt halten Solarmodule 25 Jahre. Vorhersagen zur Menge des entstehenden Abfalls gehen - je nach angenommener Lebensdauer - weit auseinander. In einem Papier der International Renewable Energy Agency (IRENA) von 2016 heißt es, dass zwischen 60 und fast 80 Millionen Tonnen Abfall bis 2050 entstehen könnten, je nachdem, wie lange die Solarmodule halten. Bei Statista liegt die Einschätzung auch bei 60 Millionen Tonnen Solaranlagen-Abfall bis 2050. 

Quelle der Behauptung

Im Facebook-Post heißt es, dass «Solarmodule pro Energieeinheit 300-mal mehr Giftmüll erzeugen als Atomkraftwerke». Diese Aussage lässt sich auf einen sieben Jahre alten Internetartikel zurückverfolgen. Die dpa hat den Text zwecks Einordnung an das deutsche Umweltbundesamt (UBA) weitergeleitet.

Laut dem UBA ist der Artikel nicht seriös. Die verwendeten Quellen seien zusammengewürfelt, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzeugen. Zum Beispiel: Die Aussage, dass Solarmodule 300 Mal mehr Giftmüll produzieren sollen als Atomkraftwerke, entsteht dadurch, dass großzügig das Gewicht der Brennelemente eines Atomkraftwerkes mit dem Gesamtgewicht von Photovoltaikmodulen verglichen wird.

Es wird zusammenfassend behauptet, dass ein Photovoltaikmodul so gefährlich sei wie ein abgebrannter Brennstab. Laut dem Umweltbundesamt ist ein solcher Vergleich unsinnig. 

Atomkraftwerke und Solaranlagen simd kaum vergleichbar

Abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken enthalten radioaktive Substanzen. In Österreich gibt es keine Atomkraftwerke, aber alleine in Deutschland werden hochradioaktive Abfälle aus Brennelementen im Umfang von rund 10 500 Tonnen bis zum Jahr 2080 erwartet. Laut einer Broschüre des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung betreffen Endlager für Atommüll das Leben von mehr als den nächsten 33 000 Generationen.

Im Gegensatz dazu besteht ein Photovoltaikmodul großteils aus Materialien, die wiederverwendbar sind, wie Glas, Aluminium oder Kupfer. Laut UBA wird in Deutschland derzeit 92,5 Prozent des Modulgewichts recycelt, weitere 5 Prozent werden energetisch verwertet und nur 2,5 Prozent werden deponiert. 

Es stimmt tatsächlich, dass manche Module giftige Metalle wie Blei und Cadmium enthalten, aber diese Belastung ist gering. Laut UBA kommt Cadmium vorwiegend in sogenannten Dünnschichtmodulen vor, die einen Marktanteil von 2 bis 3 Prozent haben. Die UBA schätzt Photovoltaikanlagen aus ökologischer Sicht als unbedenklich ein, besonders wenn die Module lang genutzt werden. 

Recycling ist noch ein wunder Punkt

Obwohl der Vergleich mit Nuklearabfall eindeutig sinnfrei ist, stellen Solarmodule in der Entsorgung eine potenzielle Belastung für die Umwelt dar. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden riesige Mengen an Solaranlagen-Müll erwartet, und während das Recyclen von Solarmodulen zwar möglich ist, geht die Umsetzung schleppend voran. In vielen großen Ländern – wie den USA, China, oder Australien – fehlt ein landesweites Konzept, um den kommenden Bergen aus Müll Herr zu werden. 

Beim Recyclen geht es auch darum, wertvolle Rohstoffe aus Photovoltaikanlagen sinnvoll zu verwerten. Oft landen die Anlagen im Elektroschrott oder werden unzureichend wiederverwertet («Downcycling»), wie hochwertiges Solarglas als Granulat in Straßenschüttungen zu verwenden. Forschungsprojekte, um fachgerechtes Recycling zu betreiben, gibt es bereits viele.

Eines davon ist ein österreichisches Projekt, wo ein Nahinfrarot-Spektrometer eingesetzt wird, um festzustellen, welche polymeren Materialien sich in den alten Geräten befinden. Forscher setzen auch auf die Reparierbarkeit der Module, um die Lebensdauer zu verlängern und den Müll zu minimieren. 

(Stand: 07.08.2024)

Links

Facebook-Behauptung (archiviert, Video)

Profil-Artikel (archiviert)

Bundesministerium für Klimaschutz zu Kreislaufwirtschafts-Strategie (archiviert)

Futurezone zu Photovoltaikanlagen (archiviert)

Statista (archiviert)

Atomkraft in Österreich (archiviert)

Verband österreichischer Entsorgungsbetriebe (archiviert)

Tagesschau zu Photovoltaik (archiviert)

Bundesgesellschaft für Endlagerung zu Atommüll in Deutschland (archiviert)

Bericht der International Renewable Energy Agency (archiviert)

Internetartikel Environmental Progress (archiviert)

Broschüre des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung zum Atomausstieg (archiviert)

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