Unseriöse Werbung
Fake-Video mit Bundespräsident Van der Bellen im Umlauf
26.7.2024, 15:58 (CEST)
Der Bundespräsident als Testimonial für Online-Finanzprodukte? Das alleine klingt schon unseriös. Es gibt aber auch noch einige andere Indizien, anhand derer ein neues, in Sozialen Medien zirkulierendes Video relativ leicht als Fälschung identifiziert werden kann. Das Perfide: Das Fake-Video hat den Anschein eines Zoom-Meetings mit drei echten Zuschauern, die sogar mit ihren echten Namen genannt werden.
Bewertung
Es handelt sich um ein manipuliertes Video. Das Zoom-Meeting hat in dieser Form nie stattgefunden, wie die Präsidentschaftskanzlei auf dpa-Anfrage bestätigte.
Fakten
«Heute ist Ihr Glückstag»: Wenn ohne viel eigenes Zutun ein Vermögenszuwachs von bis zu 25 000 Euro pro Monat versprochen wird, sollten schon von Vornherein die Alarmglocken schrillen. Wenn die Aussage von einem Bundespräsidenten kommt, der noch dazu von «45 Auserwählten, die die Chance bekommen, Geld zu verdienen, das ihr Leben verändern wird» spricht, sollte das Video besser gar nicht zu Ende gesehen werden.
Abgesehen von den unseriösen und für ein Staatsoberhaupt unüblichen Aussagen gibt es aber auch noch andere Details, die das Video als Fake enttarnen. Die Lippenbewegungen passen bei genauem Hinsehen nicht zu den gesprochenen Worten, sie wurden künstlich angepasst.
Die angeblichen Aussagen Van der Bellens wurden synthetisch generiert. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich mittlerweile Stimmen von Personen authentisch imitieren. Im Netz sind Programme frei verfügbar, mit denen man anderen Menschen Worte in den Mund legen kann, die sie nie gesagt haben.
Der Bundespräsident spricht in dem Audio-Deepfake außerdem teils recht monoton, mit einem deutschen Akzent und einem sogenannten «Zungenspitzen-R» («rollendes R»). Tatsächlich spricht Van der Bellen anders.
Es lohnt sich auch ein genauerer Blick auf die Teilnehmenden der Werbeveranstaltung. Nach etwa 3:17 Minuten ist ein kurzer Schnitt zu sehen, woraufhin sich die Bewegungen der drei Personen wiederholen. Es handelt sich also nur um einen Ausschnitt einer Aufzeichnung aus einem anderen Zoom-Meeting.
Die drei Personen, eine Frau und zwei Männer, werden mit Namen und zwei von ihnen mit Berufsbezeichnung genannt. Sie existieren alle tatsächlich. Allen drei gemein ist, dass sie für den Hostingdienst und Serviceanbieter GitLab tätig sein dürften.
Die Zoom-Teilnehmerin erklärte auf dpa-Anfrage, dass das Video wohl aus einer Meeting-Aufzeichnung bei GitLab stamme. Da alle Aufzeichnungen öffentlich auf Youtube zugänglich sind, sei das ein «gefundenes Fressen» für potenzielle Betrüger.
Die Absichten der Urheber des Fake-Videos sind nicht ganz klar. Obwohl von einer anfänglichen Überweisung, einem «Startgeld» von 250 Euro und einer Registrierung im «Mitgliederbereich» die Rede ist, gibt es - anders als bei anderen Manipulationen mit betrügerischer Absicht - keine direkte Verlinkung auf Websites oder Formulare. Auch der Facebook-Account, von dem das Video stammt, verweist auf keine funktionierende Website.
(Stand: 23.7.2024)
Links
«Der Standard»-Bericht über KI und Stimmen (archiviert)
Echte Rede des Bundespräsidenten (Redetext archiviert/Video archiviert)
Informationen zu Unternehmen Gitlab (archiviert)
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