Trend zu schneearmen Wintern

Nur in Höhenlagen der Alpen übermäßig viel Schnee

16.7.2024, 11:42 (CEST)

Die Schneedecke reagiert sehr empfindlich auf Klimaänderungen. Das bedeutet nicht, dass es überall in den Alpen weniger Schnee gibt - insgesamt aber schon.

Mehr Schnee denn je in den Alpen? Das wird in einem Posting in einem Sozialen Netzwerk behauptet. Das Posting bezieht sich auf Daten des Schweizer Portals für Lawinenprävention «White Risk», das mit der Aussage, in diesem Frühsommer liege in den Alpen «so viel Schnee wie noch nie», zitiert wird. Dazu wird eine Grafik geteilt und auf die Messstation Gornergratsee verlinkt. Stammt die Aussage wirklich von dem Portal und sind die Messwerte auf die gesamten Alpen umlegbar?

Bewertung

Das Zitat stammt nicht von «White Risk», wie das Portal auf dpa-Anfrage bestätigt. Die Grafik im Sharepic ist korrekt, an der spezifischen Messstation wurden im Mai und Juni überdurchschnittliche Werte gemessen. Das trifft aber keinesfalls auf die gesamten Alpen zu. Im Gegenteil: Es gibt immer weniger Schnee, vor allem in tieferen Lagen.

Fakten

Die Grafik zeigt Daten aus der automatischen Messstation «Gornergratsee» (2.953 m ü.M.) im Schweizer Wallis. Tatsächlich überstiegen die im Mai und Juni dieses Jahres gemessenen Schneehöhen mehrfach und über längere Zeit die in den vergangenen 31 Jahren dort gemessenen Werte. «Von dieser einen Station kann man aber auf keinen Fall auf «die Alpen» verallgemeinern», schreibt das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF der dpa.

An der direkt benachbarten Station Triftchumme (2.752 m ü.M.) liegen die gemessenen Schneehöhen durchaus innerhalb jener Werte, die dort seit Bestehen gemessen wurden - wenngleich sie auch dort Durchschnittswerte teils übersteigen. Ähnlich verhält es sich etwa auch bei Messwerten vom Weissfluhjoch (2.536 m ü.M.) oberhalb von Davos mit mehr als 90 Messjahren.

Gerade auf Lagen über 2.500 Höhenmetern gab es in diesem Frühsommer überdurchschnittlich viel Schnee - 200 Prozent vom langjährigen Mittel, fasst das Institut für Schnee- und Lawinenforschung die Situation Anfang Juni zusammen.

Schneefreie Täler

Trotz der Daten, die große Schneemengen in einigen Höhenlagen belegen, ist der Rückschluss, es gebe generell im Alpenraum «so viel Schnee wie noch nie» nicht zulässig. Dieses Zitat stammt auch nicht von «White Risk», wie das Portal auf dpa-Anfrage bestätigt und eine gezielte Suche zeigt.

Im gesamten Alpenraum gibt es «immer weniger Schnee, die Gletscher verlieren deutlich an Masse und im Sommer wird Hitze auch in höheren Lagen zu einem immer größeren Problem», heißt es im Bericht «Alpenklima», den Deutscher Wetterdienst, GeoSphere Austria und MeteoSchweiz halbjährlich gemeinsam herausbringen (Download).

Markant seien die großen Niederschlagsmengen in den meisten Gebieten der Alpen gewesen - während hohe Lagen zeitweise viel Schnee erhielten, blieben die Täler über weite Strecken schneefrei. Das vergangene Winterhalbjahr 2023/2024 war laut den Wetterdiensten das zweitwärmste der Messgeschichte.

Auch das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF spricht von einem signifikanten Trend zu schneearmen Wintern, insbesondere im Mittelland (unterhalb von 1.300 m ü.M.). Bei der Anzahl an Tagen mit schneebedecktem Boden gibt es demnach ebenfalls einen «klaren Rückgang» - unabhängig von Höhenlage oder Standort. Zudem würden die jährlichen Maxima für Schneefälle und Schneehöhen in den vergangenen Jahrzehnten an allen Stationen eine Tendenz zu tieferen Werten zeigen.

(Stand: 15.7.2024)

Links

Posting (archiviert

Grafik und Messwerte Gornergratsee (archiviert

WhiteRisk (archiviert

Grafik und Messwerte Triftchumme (archiviert

Grafik und Messwerte Weissfluhjoch (archiviert

AvaBlog SLF (archiviert

Bericht Alpenklima (archiviert

SLF: Schnee und Klimawandel in der Schweiz (archiviert

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