Frei erfundene Geschichte
Änderung der WHO-Vorschriften bezieht sich auf Pandemie-Schutzplan
28.6.2024, 16:09 (CEST)
Seit ihrer Gründung setzt sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dafür ein, die Gesundheitssysteme ihrer Mitgliedsländer zu stärken. Jetzt wird ihr vorgeworfen - nicht zum ersten Mal - dass sie auch Einfluss auf Strafverfolgung in den Ländern nimmt. In einem Facebook-Posting heißt es, dass alle WHO-Mitgliedsstaaten sich darauf geeinigt haben, Bürger zu verhaften, die sich «gegen die Vogelgrippe-Impfung aussprechen». Das soll eine Maßnahme sein, um «so genannte «Desinformation»» auszumerzen (Schreibweise im Original). Stimmt das?
Bewertung
Bei dem Beitrag handelt es sich um Desinformation. In den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften am 1. Juni wird nichts dergleichen erwähnt. Die neuen Vorschriften enthalten nichts über die Vogelgrippe, Verhaftungen oder irgendeine Form von Verfolgung. Die Behauptung ist frei erfunden.
Fakten
Die Behauptung lässt sich über den Screenshot im Facebook-Posting in einer Telegram-Gruppe zurückverfolgen. In diesem Posting ist ein Online-Bericht verlinkt, in dessen Überschrift die Behauptung steht. Jedoch kommen die Worte «Bird Flu» und «Arrest» nur in Überschrift und Teaser vor. Im Text finden sich keine Quellen für die Behauptung.
Der Text bezieht sich auf Änderungen in den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV, auf Englisch International Health Regulations, IHR). Diese zielen darauf ab, der globalen Verbreitung von Krankheiten vorzubeugen, und sind völkerrechtlich bindend. Weil die Corona-Pandemie Schwächen im System aufgezeigt hat, haben die WHO-Mitgliedsstaaten veranlasst, die Gesundheitsvorschriften zu überarbeiten.
Anfang Juni wurden die Änderungen bekanntgegeben, und darin werden weder Vogelgrippe noch Verhaftungen, noch ein anderer Eingriff in die nationalen Gesetzgebungen erwähnt. Laut einem WHO-Sprecher, den die dpa kontaktierte, sind die Behauptungen falsch. Dazu hat die Organisation auch eine Informationsseite veröffentlicht.
Im Statement am 1. Juni sagte WHO Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus: «Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften werden die Fähigkeit der Länder unterstützen, zukünftige Ausbrüche und Pandemien zu erkennen und darauf zu reagieren, indem sie ihre eigenen nationalen Kapazitäten ausbauen.»
Laut Lawrence Gostin, Professor für internationales Gesundheitsrecht an der Georgetown University, ist die WHO nicht befugt, Gesetze in einzelnen Staaten aufzuerlegen - auch nicht nach den IHR-Änderungen. Die Nationalstaaten entscheiden nach wie vor selbst über ihre Politik, sagte er auf dpa-Anfrage.
Die Vogelgrippe ist neuerdings wieder vermehrt in den Medien zu finden. Das H5N1-Virus breitet sich gerade besonders unter Milchkühen in den USA aus. Drei Milchbauernhof-Mitarbeiter haben sich über infizierte Kühe angesteckt.
Zwischen 2003 und April 2024 wurden weltweit 889 Fälle von H5N1-Infektionsfälle bei Menschen gemeldet, 463 davon sind daran gestorben. Bei der H5N2-Variante gab es einen Todesfall, und die Variante gilt auch als weniger krankheitserregend.
(Stand: 28.6.2024)
Links
Telegram-Behauptung (archiviert)
The People’s Voice (archiviert)
Internationale Gesundheitsvorschriften der WHO (archiviert)
Zusammenfassung der WHO zu Änderungen (archiviert)
Informationen der WHO zur Vogelgrippe (archiviert)
AGES zu Aviäre Influenza (archiviert)
WHO-Direktor zur Vogelgrippe (archiviert)
Meldung zum ersten Todesfall durch Vogelgrippe (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.