Zitierte Studie gibt es nicht

Deutschland verursacht viel mehr C02 als der Krieg in der Ukraine

31.05.2024, 17:17 (CEST)

Behauptungen werden gerne mit Studien untermauert. In einigen Fällen sind diese Studien allerdings gar nicht existent.

Wird es in einer Debatte im Internet heiß, verweisen Beteiligte gerne auf Studien, die ihre Behauptungen stützen sollen. So wird beim CO2-Thema mancherorts auf eine angebliche Untersuchung der Universität Heidelberg verwiesen. Diese käme zu dem Schluss, dass der Krieg in der Ukraine in 20 Monaten so viel CO2 verursacht habe, wie Deutschland in 600 Jahren nicht ausstoßen würde.

Bewertung

Die angebliche Studie existiert nicht. Deutschlands CO2-Ausstoß lag im Jahr 2022 bei 746 Millionen Tonnen, während der Ukraine-Krieg in einem Zeitraum von einem Jahr etwa 119 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente erzeugt.

Fakten

Die angeblich zitierte Studie der Universität Heidelberg gibt es nicht. Eine Onlinerecherche führte zu keinen passenden Ergebnissen. Eine Sprecherin der Universität bestätigte auf Anfrage der dpa: «Die Veröffentlichung einer Studie dieser Art - insbesondere auch mit der genannten Aussage - an der Universität Heidelberg ist uns nicht bekannt.»

Ein Vergleich des CO2-Ausstoßes im Ukraine-Krieg mit den Emissionen in Deutschland ist allerdings dennoch möglich. Für Deutschland sind die Werte einfach auffindbar, laut dem deutschen Umweltbundesamt stieß das Nachbarland im Jahr 2022 insgesamt 746 Millionen Tonnen Treibhausgase aus.

Das ist mehr als sechsmal so viel wie der Wert, auf den eine im Juni 2023 erschienene niederländische Studie für den CO2-Ausstoß im Krieg in der Ukraine kommt. Demnach wurden dort zwischen Februar 2022 und Februar 2023 rund 119 Millionen Tonnen C02-Äquivalente ausgestoßen. Unter diesen Begriff werden Auswirkungen verschiedener Treibhausgase einheitlich zusammengefasst.

Wie hoch der Anteil von CO2 an den gesamten Treibhausgas-Emissionen ist, wird in der Studie nicht behandelt. In Deutschland sind rund 89 Prozent der gesamten Treibhausgase CO2, das entspricht 666 Millionen Tonnen.

Trotz dieser offenen Fragen kann daher abschließend gesagt werden, dass die Behauptung, dass im Krieg in der Ukraine mehr CO2 ausgestoßen worden ist als Deutschland in 600 Jahren produzieren könnte, an den Haaren herbeigezogen ist.

Die Zahlen der niederländischen Studie beruhen auf Schätzungen und zeigen, welchen Schaden Russland in der Region verursacht. Der Treibstoffverbrauch der russischen Armee verursachte 14,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, während es bei den ukrainischen Truppen 4,7 Millionen sind. Der Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur macht in der Studie fast die Hälfte der geschätzten Menge an Treibhausgasen aus.

(Stand: 31.5.2024)

Links

Google Suche (archiviert)

Studie: «Climate Damage Caused By Russia's War In Ukraine» (2023) de Klerk et. al(archiviert)

ZDF über Studie zum CO2-Ausstoß des Krieges in der Ukraine (archiviert)

dpa-Meldung in der Frankfurter Rundschau(archiviert)

Umweltbundesamt zu Deutschlands Emissionen 2022 (archiviert)

Umweltbundesamt zu Kohlendioxid-Emissionen 2022 (archiviert)

Facebook-Post mit Falschbehauptung (archiviert)

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