Digitaler Euro als Ergänzung
Bargeld ist weiterhin gesetzliches EU-Zahlungsmittel
5.6.2024, 13:36 (CEST)
Ein Facebook-Posting behauptet, dass die EU bis 2030 Bargeld gänzlich abschaffen will. Das werde begründet «mit dem dummen Argument der Sicherheit». Unsicher sind dem Beitrag zufolge nämlich Transaktionen im Internet: «Der weltweite Verlust durch Cyberkriminalität beträgt unfaßbae 10,5 Billionen Dollar» (sic!), heißt es da mit vier Ausrufezeichen. Stimmen diese Aussagen?
Bewertung
Die EU plant nicht, Bargeld abzuschaffen. Euro-Banknoten und -Münzen sind in derzeit 20 EU-Staaten «gesetzliches Zahlungsmittel» - und das ist bereits seit über 20 Jahren im EU-Recht verankert. Mit einer vor knapp einem Jahr erlassenen Euro-Bargeld-Verordnung will die EU-Kommission das Bargeld sogar weiter stärken.
Fakten
Der Status von Banknoten beziehungsweise Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel im Euro-Raum, zu dem auch Österreich zählt, ist in Artikel 128 Absatz 1 AEUV bzw. Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 festgelegt. Das heißt, Händler und andere Unternehmen dürfen Bargeldzahlungen nicht ablehnen – es sei denn, beide Parteien haben im Vorhinein eine andere Zahlungsweise vereinbart.
Grundsätzlich müssen auch staatliche Stellen und öffentliche Dienstleister Bargeld annehmen, sofern es gesetzlich nicht anders geregelt ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) bestätigt auf ihrer Website zur Bargeldstrategie, dass es Euro-Bargeld auch in Zukunft geben wird.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte in einem Urteil am 26. Januar 2021, dass das EU-Recht «einer Regelung entgegensteht, die die rechtliche oder faktische Abschaffung des Euro-Bargelds bezweckt oder bewirkt». Das Bargeld ist also auch für die Zukunft von vorrangigem EU-Recht geschützt. Geändert werden können EU-Verträge nur mit der Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten.
Plan für digitalen Euro
Die EU-Kommission will im Rahmen einer neuen Verordnung beziehungsweise dem «Paket zur einheitlichen Währung» den Euro als Bargeld stärken. Gleichzeitig wird die Ausgabe eines «digitalen Euros» als Ergänzung zum Bargeld vorbereitet.
Der digitale Euro wäre ein elektronisches Zahlungsmittel, das allen Menschen kostenlos zur Verfügung steht. Es wäre in einer elektronischen Geldbörse, der sogenannten Wallet, gespeichert und würde Zahlungen ohne Internetverbindung ermöglichen. Der digitale Euro soll die Sicherheit und Geschwindigkeit von Online-Geschäften erhöhen. Mit seiner Einführung wird 2028 gerechnet, sofern bis dahin alle notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden.
Die Österreichische Nationalbank (OeNB) betont, sich im Rahmen der EU-Verordnung für eine Gleichbehandlung der Annahmepflicht von Bargeld und digitalem Euro für Unternehmen einzusetzen. Die Kanzlerpartei ÖVP sowie die oppositionelle FPÖ wollen das Bargeld sogar in der Verfassung verankern. Heimische Verfassungsexperten sehen diesen Vorschlag von Bundeskanzler Karl Nehammer allerdings kritisch.
Hacking-Zahlen korrekt
Im Facebook-Posting wird außerdem der weltweite Verlust infolge von Cyberkriminalität mit 10,5 Billionen Dollar beziffert. Tatsächlich betrug der Verlust laut Crime Complaint Center (IC3) der US-Bundespolizei FBI im Vorjahr 12,5 Milliarden US-Dollar weltweit. 2022 beliefen sich die Schäden durch Hacker, Malware und Betrüger demnach auf 10,5 Milliarden - nicht Billionen - US-Dollar. Das englische Wort «billion» heißt auf Deutsch «Milliarde» - hier dürfte ein Übersetzungsfehler zu der falschen Zahlenangabe geführt haben.
Die im Posting genannten Zahlen zu Hackerangriffen in Österreich sind hingegen korrekt. Laut Cybercrime Report des Bundeskriminalamtes (BKA) gab es 2020 genau 12.914 und 2022 dann 22.376 angezeigte Fälle von «Cybercrime im engeren Sinn». Cybercrime im engeren Sinn umfasst laut BKA kriminelle Handlungen, bei denen Angriffe auf Daten oder Computersysteme unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie begangen werden.
(Stand 05.06.2024)
Links
EU-Bargeld-Verordnung (archiviert)
AEUV (archiviert) und EU-Verordnung (archiviert)
EZB-Bargeld-Strategie (archiviert)
Österreichische Nationalbank zu Bargeld (archiviert)
Verfassungsexperten im “Standard” (archiviert)
Internet Crime Report des FBI(archiviert)
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