ORF-Seite gefälscht
Artikel über Gewalttat gegen Gesundheitsexperten erfunden
9.4.2024, 15:26 (CEST)
Jüngst kursierte eine angebliche Webseite des ORF mitsamt einem Nachrichtenbeitrag über den österreichischen TV-Gesundheitsexperten und Internisten Siegfried Meryn. Dem Artikel zufolge sei Meryn in einer ORF-Sendung von Gesundheitsminister Johannes Rauch zusammengeschlagen worden, weil er die Absprachen zwischen Pharmaunternehmen und deren absichtliches Unterschlagen wirksamer Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgedeckt habe.
Bewertung
Die angebliche ORF-Webseite wurde gefälscht, der Beitrag erfunden. Bei dem angepriesenen Medikament handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel.
Fakten
Bei dieser Art von Masche geben optische Details meistens schon Hinweise darauf, dass es sich um eine Fälschung handelt. In diesem Fall gibt es zwar viele Übereinstimmungen mit der echten ORF-Nachrichtenseite, wie etwa die Ressorts in der Leiste oben, die Farbe oder die Schriftart, aber einiges passt auch nicht zusammen:
Zum Beispiel werden auf der richtigen Webseite unter «oesterreich» und dem ORF-Logo nebeneinander die neun Bundesländer angeführt. Klickt man auf einen Beitrag aus einem der Bundesländer, steht oben auf der Leiste ORF nicht mehr «oesterreich», sondern das jeweilige Bundesland und auch die Farbe des Banners ändert sich.
Am augenscheinlichsten ist aber vermutlich die falsche URL, also die Internet-Adresse. Bei der Hauptseite des ORF lautet die URL «orf.at», bei einzelnen Artikeln kommt dahinter «stories» und die Nummer des Beitrags. Bei Bundesländermeldungen steht das Bundesland vor «orf.at». Niemals besteht der Link aber aus einer komplizierten Nummer- und Buchstabenkombination, wie es bei der Fake-Webseite der Fall ist.
Meryn dementiert absurde Behauptung
Inhaltlich mutet die Geschichte absurd an: Würde der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) eine Person in einer Fernsehsendung schlagen, so würde das erhebliche Wellen auslösen und den Minister womöglich sein Amt kosten. Sucht man allerdings mit einer Erweiterten Google-Suche nach der Geschichte, so findet man quasi nichts dazu.
Eine weitere grobe Ungereimtheit: Im großen Beitragsbild sieht man einerseits ein bearbeitetes Foto des Internisten Siegfried Meryn und andererseits einen unbekannten Mann, der die Faust ballt. Im Zusammenhang mit der Geschichte wirkt es so, als soll der Mann mit der Faust den angeblich gewalttätigen Gesundheitsminister darstellen. Johannes Rauch sieht allerdings ganz anders aus.
Es bleibt unklar, um wen es sich bei dem Mann handelt. Eine Suche mit OSINT-Tools deutet daraufhin, dass das Foto von einer Video-Plattform stammt und gespiegelt wurde.
Der ORF-TV-Gesundheitsexperte Siegfried Meryn teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mit, dass die ihm zugeschriebenen Produktempfehlungen erfunden seien und die Verwendung seines Namens Betrug. «Tatsächlich werde ich derzeit mit diesen Meldungen sowohl durch telefonische Anrufe in meiner Ordination als auch per E-Mail (...) überflutet. Dies gilt sowohl für diverse medizinische Produkte insbesondere für Cardione als auch mit Falschmeldungen über mein Ableben», sagte er.
Meryn habe daher in Absprache mit dem ORF begonnen, im Anschluss an seine Sendungen «Meryn am Montag» und «Meryn Sprechzimmer» das Publikum auf die Betrugsmasche hinzuweisen. Auch aus einem Artikel der «Kleinen Zeitung» geht hervor, dass Meryn schon häufiger Opfer von solchen Fälschungen wurde.
Es bleibt die Frage: Was könnte die Absicht hinter der Fälschung sein? In zweiten Teil des Fake-Beitrags wird vehement das Nahrungsergänzungsmittel Cardione beworben, das bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen angeblich Wunder bewirke. Das Medikament könne man bestellen, indem man ein Formular ausfülle, heißt es. Ein Klick auf den Link führt allerdings zu einer Fehlermeldung.
Das abgebildete Nahrungsergänzungsmittel lässt sich aber tatsächlich mit Google finden und kaufen. Vermutlich ist das Ziel hinter dem Fake also recht simpel: Persönliche Daten abklopfen und ein dubioses Heilmittel verkaufen.
(Stand: 09.04.2024)
Links
Erweiterte Google-Suche (archiviert)
Artikel von «Kleine Zeitung» (archiviert)
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