Studienlage eindeutig

Masernimpfung wirkt gegen hochinfektiöse Krankheit

18.3.2024, 17:44 (CET)

Die steigenden Masernfälle der jüngsten Zeit riefen auch Impfskeptiker auf den Plan. Angeblich soll eine Erkrankung mit dem Virus erstrebenswert sein. Doch die Fakten sprechen dagegen.

Spätestens mit den zuletzt deutlich steigenden Fallzahlen bei Maserninfektionen ist die Krankheit in Medien und auf Plattformen sehr präsent. Ein Posting auf der Plattform X (vormals Twitter) stellt jeglichen Nutzen der Masernimpfung in Abrede, weist zugleich aber auf ihre angeblich schädliche Wirkung hin. Zudem wird darin behauptet, man könne sich mit Masern gar nicht anstecken. Untermauert werden sollen die Behauptungen mit einem Ausschnitt aus einer TV-Dokumentation.

Bewertung

Masern sind eine hoch ansteckende Krankheit. Weltweite Zahlen belegen die Wirkung der Impfung dagegen. Schwere Impfnebenwirkungen treten hingegen äußerst selten auf.

Fakten

Seit 1994 wird in Österreich mit einer Dreifach-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln vorgegangen. Laut Daten des Sozialministeriums wurden seit 1998 in Österreich mehr als drei Millionen Dosen unterschiedlicher MMR-Impfstoffe verabreicht. Sicherheit und Wirksamkeit sind demnach «eindeutig belegt».

Mutmaßlich schädliche Auswirkungen der sogenannten MMR-Impfung auf den menschlichen Organismus lassen sich durch Daten aus der Forschung nicht belegen - wohl aber der Krankheit selbst. Nach Angaben des Harding-Zentrums für Risikokompetenz erkranken von 1 000 nicht geimpften Kindern mit Kontakt zum Masern-Virus etwa 931, von 1 000 geimpften Kindern etwa 14.

Laut Robert Koch-Institut (RKI) starben in Deutschland von 2007 bis 2015 im Schnitt drei bis sieben Kinder pro Jahr an Masern bzw. den direkten Folgen einer Masernerkrankung. Laut deutschem Bundesgesundheitsblatt 2013 konnte in keinem einzigen Fall eines vergleichbaren Zeitraumes ein kausaler Zusammenhang von neun Todesfällen mit der MMR-Impfung nachgewiesen werden. Da vergleichbare Erhebungen für Österreich fehlen, ist nicht klar, ob es hierzulande bisher Todesfälle gab, die auf die Masernimpfung zurückzuführen sein könnten.

Impfung alles andere als schädlich

Unklar ist auch, warum genau die Impfung im Posting als «schädlich» bezeichnet wird. Nebenwirkungen der Masernimpfung sind äußerst selten. Eine Hirnhautentzündung (Enzephalitis) trat etwa bei weniger als einem von 10 Millionen mit dem Impfstoff Priorix Geimpften auf. Gleichzeitig liegt das Risiko einer Enzephalitis nach einer Maserninfektion laut gesundheitsinformation.de (IQWiG) bei etwa einem von 1 000 Erkrankten einige Tage nach der Ansteckung. Zudem bleibt das Immunsystem nach einer Infektion oft noch für Monate oder Jahre geschwächt.

Das dem Posting beigefügte Video ist ein Ausschnitt aus einer rund 90-minütigen Arte-Dokumentation namens «Impfen - Die ganze Geschichte» aus dem Jahr 2022. Diese ist auch bei Youtube abrufbar. Eine Anfrage von dpa-Faktencheck bei Arte blieb bisher unbeantwortet.

Hygienemaßnahmen allein nicht ausreichend

Im Video wird erklärt, dass die Zahl der Maserntoten mit fortschreitender Hygiene sank. Tatsächlich dürften verschiedene Maßnahmen Auswirkungen auf Fallzahlen haben. So lag die Zahl der Masern-Neuerkrankungen in Österreich in den Pandemie-Jahren 2020 bis 2022 deutlich niedriger als im Jahrzehnt davor.

Allerdings stiegen sie 2023 wieder stark an. Nach 186 im Vorjahr gemeldeten Fällen registrierte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) allein in den ersten Wochen des Jahres 2024 schon 293 Fälle (Stand: 15. März 2024). Das liegt vor allem daran, dass Masern anders als im Posting behauptet hoch ansteckend sind.

Masern sind hoch ansteckend

Laut RKI sind sie «eine der ansteckendsten Krankheiten des Menschen überhaupt». Masern-Viren werden demnach «durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen (Sprechen, Husten, Niesen) oder aerogen über Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen übertragen.» Schon eine kurze Exposition reicht für die Ansteckung, die laut RKI «bei fast allen ungeschützten Infizierten eine klinische Symptomatik» auslöst.

Masern sind daher deshalb allein durch Hygienemaßnahmen nicht einzudämmen. Wirksamster Schutz gegen eine Ansteckung ist die Impfung. Schon die einfache MMR-Impfdosis - in Österreich wird der Impfstoff M-M-RvaxPro verabreicht - verhindert bei 95 von 100 Personen, die ohne Impfung krank geworden wären, die Erkrankung. Das belegt eine systematische Übersichtsarbeit des unabhängigen Wissenschaftsnetzwerks Cochrane, in der alle bis 2021 weltweit durchgeführten Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit der MMR-Impfung ausgewertet wurden.

(Stand: 18.3.2024)

Links

ORF.at-Artikel zu Masern (archiviert)

Posting auf X (archiviert) (Video archiviert)

Diplomarbeit der MedUni Graz zur Impfung (archiviert)

Sozialministerium: FAQ zu Masern (archiviert)

Faktenbox Harding-Zentrum (archiviert)

Bundesgesundheitsblatt 2013 (archiviert)

Fachinformation Priorix (archiviert)

gesundheitsinformation.de zu Masern (archiviert)

arte-Dokumentation bei ARD (archiviert)

Youtube-Link zur Dokumentation (archiviert) (Video archiviert)

Artikel auf derstandard.at (archiviert)

Statistik 2011-2022 (archiviert)

Aktuelle Masern-Zahlen der AGES (archiviert)

RKI-Masern-Ratgeber (archiviert)

Gebrauchsinformation M-M-RvaxPro (archiviert)

Übersichtsarbeit zu MMR-Impfungen (archiviert)

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