Irreführender Zusammenschnitt

Interview zu Presse in Polen manipuliert

14.03.2024, 18:48 (CET)

Ein manipulativer Zusammenschnitt legt nahe, dass eine ARD-Korrespondentin den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk hart kritisiert. Doch sie bezog sich auf ein anderes Land.

Durch Schnitte und Auslassungen lassen sich Aussagen von Videos manchmal leicht verdrehen. Genau das ist bei einem Video auf Facebook gemacht worden. In einem Ausschnitt aus der ARD-Nachrichtensendung «Tagesthemen» fragt die Moderatorin, wie die «neue Regierung die Spaltung der Gesellschaft überwinden» will. Die Interviewpartnerin antwortet: «Ein Mittel könnte sein, die öffentlich-rechtlichen Medien zu reformieren, neu aufzustellen, also wieder unabhängig zu machen, wieder ausgewogen berichten zu lassen.» Daran sind Ausschnitte aus öffentlich-rechtlichen Sendungen geschnitten, in denen für die Corona-Impfung plädiert wird. Aber hat das Interview überhaupt irgendetwas Deutschland und der Pandemie zu tun?

Bewertung

Nein. In dem Interview in den Tagesthemen ging es um die gesellschaftliche Situation in Polen im Dezember 2023. Damals war eine neue Regierung angetreten.

Fakten 

Mittels einer Bildrückwärtssuche lässt sich das Ursprungsmaterial leicht finden. Erst läuft ein Beitrag über die politische Lage in Polen. Dann kommt ein Interview mit ARD-Warschau-Korrespondentin Kristin Joachim. Auf die Frage der Moderatorin antwortet sie, «dass es nicht leicht» werde, die Spaltung aufzuheben. “Aber ein Mittel könnte sein – und dazu will Donald Tusk auch sehr schnell greifen – die öffentlich-rechtlichen Medien zu reformieren.” Der Einschub mit der Erwähnung von Polens Ministerpräsident Donald Tusk wurde in dem manipulierten Video weggeschnitten.

Anschließend wurde ein weiterer Satz durch einen Schnitt entfernt: «Denn die PiS hatte ja vor allem den Fernsehsender TVP in den letzten acht Jahren ihrer Regierungszeit zu einem Propagandaorgan der Regierung ausgebaut.» Die PiS war von 2015 bis Dezember 2023 die regierende Partei Polens. Der Regierung wurden in dieser Zeit wiederholt Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen.  

Anfang März veröffentlichte die ARD selbst einen Artikel mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Zusammenschnitt um eine manipulierte Version des Originalbeitrags handle. Laut dem Chefredakteur von ARD-aktuell, Marcus Bornheim, sind alle Bezüge zu der polnischen Innenpolitik und zur Rolle des Rundfunks in Polen entfernt worden. «In dieser Form hat das Interview nie stattgefunden. Mit der Situation in Deutschland hatte das Interview nichts zu tun», führt er in dem Artikel aus. 

Desinformation durch Manipulation von Medienberichten gibt es immer wieder. In diesem Faktencheck vom Juni 2023 ging es um ein manipuliertes Video der ZDF-Kindernachrichtensendung «logo!». Dieser Faktencheck, ebenfalls vom Juni 2023, beschäftigte sich mit der nachträglichen Veränderung einer ARD-Wetterkarte.

(Stand: 14.3.2024) 

Links

Facebook-Post (archiviert, Video archiviert

Bildrückwärtssuche (archiviert

Originalvideo (Seite archiviert

Kristin Joachim (archiviert

Donald Tusk (archiviert

Pressefreiheit in Polen unter PiS (archiviert

ARD-Artikel (archiviert

Faktencheck zu “logo!”

Faktencheck zu Wetterkarte

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