Falsches über Fleisch

Fleischersatz aus 3D-Drucker besteht aus veganen Zutaten

08.03.2024, 14:34 (CET)

Was steckt in «Fleisch» aus dem 3D-Drucker? In sozialen Netzwerken kursieren Gerüchte über tierische Inhaltsstoffe. Für Lebensmittel aus tierischen Stammzellen bräuchte es allerdings eine Genehmigung.

Für die einen ist «Fleisch» aus dem 3D-Drucker ein Durchbruch. Es helfe, Tierleid und den CO2-Aussoß der Landwirtschaft zu verringern. Für die anderen ist es ein unnatürliches Produkt mit unbekannten Inhaltsstoffen. Auf Telegram hält sich das Gerücht, die Firma «Redefine Meat» drucke pro Monat «500 Tonnen Steaks», die auf tierischen Stammzellen basieren. Ist da etwas Wahres dran?

Bewertung

Nein, die Produkte von «Redefine Meat» entstehen auf pflanzlicher Basis - sind also vegan. Es gibt verschiedene Prozedere für «Fleisch» aus dem Drucker. Eine mögliche Produktionsart baut zwar auf der Vermehrung von tierischen Stammzellen auf, ist aber in der Europäischen Union nicht zugelassen.

Fakten

Industrielle Tierhaltung ist für bis zu 15 Prozent der Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich und mit erheblichem Tierleid verbunden. Daher gibt es mehr und mehr Forschungsansätze in der Lebensmittelbranche, um eine Alternative zu den tierischen Produkten zu finden.

Ein Ansatz baut auf der Forschung mit tierischen Stammzellen auf. Mit einer Biopsie tierischer Stammzellen und einer anschließenden Zellvermehrung werden so Fleischprodukte hergestellt. Dafür muss kein Tier sterben. Allerdings kommt auch diese Anwendung nicht gänzlich ohne Tierleid aus, da die Stammzellen einem Tier entnommen werden müssen, was schmerzhaft ist. Außerdem ist die erhoffte verbesserte CO2-Bilanz bei dieser energieintensiven Art der Herstellung noch ungewiss, da der Markt dafür klein und die Produkte für eine Massenproduktion zu teuer sind.

EU-Behörde hat kein solches Laborfleisch zugelassen

Zudem ist diese Form von Fleischnachbildungen in der EU derzeit nicht zugelassen, wie ein Sprecher der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Anfrage der APA bestätigte. Eine Zulassung würde unter die Verordnung von neuartigen Lebensmitteln fallen. Dafür benötigte es eine Sicherheitsbewertung der EFSA. Sie prüft jeden Schritt der Verarbeitung dahingehend, ob Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen.

Nach einer Sicherheitsbewertung der EFSA entscheiden die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über Zulassung, Bedingungen der Verwendung und Kennzeichnung, wie der Sprecher ausführte. Derzeit seien keine aus Zellkulturen gewonnenen Lebensmittel zugelassen. «Von den rund 240 Anträgen für neuartige Lebensmittel, die wir seit der Einführung der neuen Verordnung über neuartige Lebensmittel im Jahr 2018 zur Sicherheitsbewertung erhalten haben, haben wir noch keine Anträge zur Risikobewertung von aus Zellkulturen gewonnenen Anwendungen tierischen Ursprungs erhalten», so der Sprecher.

3D-Drucker stellt Fleischersatz aus Pflanzen her

In Sozialen Netzwerken wird nun behauptet, das Unternehmen «Redefine Meat» stelle sein «Fleisch» auf diese Art und Weise in den Niederlanden her. Das stimmt nicht. Einerseits kann sich die Firma nicht über bestehende Gesetze hinwegsetzen, andererseits arbeitet sie mit einem Ansatz, der gänzlich ohne Tiere auskommt.

Die Firma verwendet nur vegane Zutaten, die mittels 3D-Drucker miteinander verwoben werden. So erzeugen sie mitunter Aussehen, Konsistenz und Geschmack von Fleisch. Dies lässt sich auf der Webseite von Redefine Meat mehrfach nachlesen: «Die Produkte von Redefine Meat Ltd. werden aus pflanzlichen Zutaten hergestellt.» Sie seien frei von gentechnisch veränderten Organismen und «jeglichen Bestandteilen tierischen Ursprungs». In einer Stellungnahme gegenüber der APA verwies «Redefine Meat» auf einen Faktencheck von AFP, wo sie dies ebenfalls klarstellten.

Soja, Erbsen, Kichererbsen, Rote Bete, Kokosfett

Die Inhaltsstoffe jedes einzelnen Produkts können auf der Webseite nachgelesen werden - beispielsweise Bratwurst und Burger. Auch bestätigt der Gründer und Geschäftsführer von «Redefine Meat», Eshchar Ben-Shitrit, in einem Interview, dass für die Herstellung der Produkte «handelsübliche pflanzliche Zutaten wie Soja- und Erbsenprotein, Kichererbsen, Rote Bete, Nährhefen und Kokosfett» verwendet würden. Ebenso wird in anderen Medienberichten wie etwa auf der Seite des Weltwirtschaftsforums (WEF), im britischen «Guardian» oder in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» wird in Bezug auf «Redefine Meat» von veganen Produkten gesprochen.

Dass neuartige Lebensmittel zu Diskussionen führen, ist keine Seltenheit. Vor rund einem Jahr kam es zu einem Aufschrei wegen der EU-Zulassung von Insekten als Nahrungsmittelbestandteile. Der dpa-Faktencheck recherchierte damals zu Falschbehauptungen bezüglich Kennzeichnung, Definition von Insekten und veganen Produkten ohne tierische Bestandteile.

Links

Claim (archiviert)

Claim 2 (archiviert)

IPCC-Report (archiviert)

UN-Report (archiviert)

Tagesschau zu Stammzellen (archiviert)

Verbraucherzentrale zu Stammzellen (archiviert)

Website von Redefine Meat (archiviert)

Burger Inhaltsstoffe (archiviert)

Wurst Inhaltsstoffe (archiviert)

Interview in der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (archiviert)

Weltwirtschaftsforum (archiviert)

Guardian (archiviert)

FAZ (archiviert, Video archiviert)

AFP Faktencheck (archiviert)

Neuartige Lebensmittel (archiviert)

Efsa Lebensmittelbehörde (archiviert)

EU-Vorschrift - Lebensmittel mit Insekten müssen gekennzeichnet sein (dpa-factchecking.com)

Zutaten in Lebensmitteln - Insekten sind keine Weichtiere - aber beide können allergische Reaktionen auslösen (dpa-factchecking.com)

Vegane Produkte - Es gibt viele Lebensmittel ohne Insektenbestandteile (dpa-factchecking.com)

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