Unbelegte Aussage

Feminismus gab es lange vor dem Aufstieg der US-Familie Rockefeller

23.02.2024, 17:17 (CET), letztes Update: 04.03.2024, 14:53 (CET)

Hat die vermögende Industriellenfamilie Rockefeller in den USA den Feminismus erfunden? In sozialen Medien wird das gern behauptet. Doch die Anfänge der Frauenbewegung sind weitaus älter - und stammen aus Europa.

Eine Behauptung in sozialen Medien unterstellt der Familie Rockefeller, die in den USA mit Öl reich wurde, einen perfiden Plan: Sie habe den Feminismus erfunden, um die klassische Familie zu zerstören. Kronzeuge dafür soll das Familienmitglied «Nicolas Rockefeller» sein. Aber gibt es diesen Mann überhaupt - und wem soll er das gesagt haben?

Bewertung

Der Ruf nach Frauenrechten ist darüber hinaus deutlich älter als der Aufstieg der Rockefellers in den USA. Im Stammbaum der Milliardärsfamilie gibt es keinen Nicolas Rockefeller. Das angebliche Zitat stammt aus einem Interview von Alex Jones, der bereits wegen der Veröffentlichung von Falschinformationen verurteilt wurde.

Fakten

Frühe Ideen des Feminismus finden sich nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Europa bereits Ende des 18. Jahrhunderts. Dazu gehört die «Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin» aus der Feder der Französin Olympe de Gouges (1791). Nur ein Jahr später schrieb die Engländerin Mary Wollstonecraft die «Verteidigung der Rechte der Frau», in der sie unter anderem auf das Recht auf Bildung pochte. Die Werke erschienen somit fast 100 Jahre, bevor John D. Rockefeller Senior (1839-1937) als Ölmagnat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts reich und berühmt wurde.

Fragwürdige Herkunft der Behauptung

Der Facebook-Post zeigt in einem Sharepic eine idyllische Familienszene: Eine Frau hält ein kleines Mädchen auf dem Arm, beide tragen antiquierte weiße Kleider mit Spitzenbesatz und weiß-rosa Blumenkränze im Haar. Daneben steht ein angebliches Zitat von «Nicolas Rockefeller». Darin heißt es unter anderem: «Der Feminismus ist unsere Erfindung aus zwei Gründen: Vorher zahlte nur die Hälfte der Bevölkerung Steuern, jetzt fast alle weil die Frauen arbeiten gehen. Ausserdem wurde damit die Familie zerstört und wir haben dadurch die Macht über die Kinder erhalten (...).»

Diese Sätze finden sich auch in einem Facebook-Reel des deutschen Bloggers Philipp Hopf. Hopf sagt, es gebe ein Zitat von Nicholas Rockefeller, der «ein weiterer Nachfahre der Rockefellers» sei. Die Quelle für diese Behauptung ist vermutlich der US-Verschwörungsideologe Alex Jones. Er machte zuletzt im August 2022 Schlagzeilen, als er zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von 45 Millionen Dollar verurteilt wurde. Zuvor hatte er eingeräumt, jahrelang mit der Behauptung, ein Schulmassaker mit 26 Toten sei im Jahr 2012 von der US-Regierung inszeniert worden, gelogen zu haben.

Jones hatte 2006 ein Interview mit dem US-Regisseur Aaron Russo geführt, in dem dieser wiederum von einem Gespräch mit einem «Mitglied der Familie Rockefeller» berichtet. In dem Interview mit Jones sagte Russo, dieser Nicholas Rockefeller habe ihm nicht nur gesagt, dass seine Familie sich dafür einsetze, eine Weltregierung zu schaffen und Mikrochips in Menschen einzupflanzen. Die Rockefellers hätten auch den Feminismus gefördert, um die traditionelle Familie zu zerstören und Steuereinnahmen zu erhöhen.

Kein Spross des berühmten Ölmagnaten

Auf den Seiten des Rockefeller Archive Center, das Informationen zur Familie bündelt, findet sich nirgendwo der Name Nicholas Rockefeller. Dies gilt nicht nur für den Stammbaum mit den wichtigsten Rockefeller-Familienmitgliedern, sondern auch für die Online-Datenbank. Ein Nicholas Rockefeller gehört also nicht zur bekannten Dynastie Rockefeller.

Allerdings gibt es einen kalifornischen Rechtsanwalt mit Namen Nicholas Rockefeller, der einem Eintrag zufolge nicht mehr Mitglied der Rechtsanwaltskammer (Bar Association) ist. Weitere Angaben zu seiner Person lassen sich nicht finden.

(Stand: 23.02.2024)

Berichtigung

Im dritten Fakten-Absatz wurde ein Satz über die Sperrung eines Tiktok-Kanals entfernt.

Links

Facebook-Behauptung 1 (archiviert)

Facebook-Behauptung 2 (archiviert)

Friedrich-Ebert-Stiftung zu Feminismus (archiviert)

Facebook-Reel von Philipp Hopf Video zu Rockefellers (archiviert)

Interview mit Aaron Russo (archiviert)

Stammbaum der Familie Rockefeller (archiviert)

Nicholas Rockefeller bei Rechtsanwaltskammer (archiviert)

Website von Nicholas Rockefeller (archiviert)

Euronews-Artikel zu Verurteilung von Alex Jones (archiviert)

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