Kein Ruf nach Verbot

Experten geben Tipps zum nachhaltigen Gärtnern in der Stadt

8.2.2024, 14:45 (CET)

Einen eigenen Garten zu haben - davon träumen viele. Jetzt soll eine Studie behaupten, dass der CO2-Fußabdruck von Privatgärten viel höher sei als bisher gedacht. Ist da etwas dran?

Studien zur Umwelt sind immer wieder Diskussionsthema, und oft werden Inhalte falsch interpretiert. Im Fall einer Studie über den CO2-Einfluss von Privatgärten kochen wieder die Gemüter hoch. Laut Behauptungen auf Facebook sollen Wissenschaftler nach einem Verbot rufen, weil eigenes Gemüse anzubauen zu einer globalen Überhitzung führe. 

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. An keiner Stelle warnen Studienautoren vor dem eigenen Lebensmittelanbau. Sie empfehlen lediglich mehr Anbau von Gemüsesorten, die üblicherweise in Gewächshäusern gezüchtet werden, sowie die Nutzung der gleichen Flächen über mehrere Jahre hinweg. 

Fakten 

Die Facebook-Behauptung verweist auf einen Substack mit dem Titel «WahrheitSiegt». Diese zitiert einen Bericht der britischen Zeitschrift «The Telegraph» vom Jänner 2024. Der Telegraph berichtet über eine Studie von Nature Cities, die mit Autorennamen und Universität rasch zu finden ist. 

Laut der Studie von Nature Cities soll «urban agriculture» («urbane Landwirtschaft», kurz: UA) bis zu sechs Mal so viel CO2 erzeugen wie «conventional agriculture» («herkömmliche Landwirtschaft»). Allerdings bezieht sich der CO2-Ausstoß hauptsächlich auf die Infrastruktur. Bei einigen Gemüsesorten, wie etwa Paradeisern, halten private oder kollektive Gärten umwelttechnisch bei der professionellen Landwirtschaft mit.

Wissenschaftliche Empfehlung

Die Studienautoren um Jason K. Hawes empfehlen: «Da das Interesse an der UA zunimmt, müssen politische Entscheidungsträger, Bürger und Wissenschaftler sicherstellen, dass die UA für die Menschen und den Planeten von Nutzen ist». Von Verboten oder Vorwürfen ist in der Untersuchung nichts zu finden. 

Das Ziel ist demnach nicht, die Praxis des urbanen Gärtnerns zu verbieten, sondern möglichst nachhaltig zu gestalten. Die Studienautoren empfehlen «best practices» um urbane Landwirtschaft kohlenstoffkompatibel mit der konventionellen Landwirtschaft zu machen. Dazu gehört, Infrastrukturen länger nutzbar zu halten; dann eine Verwendung von Abfallprodukten in der urbanen Landwirtschaft - sprich: besser kompostieren, oder Baumaterialien wiederverwenden statt neu kaufen; und die Schaffung eines hohen Maßes an sozialem Nutzen. 

Vor allem der letzte Punkt wird in der Studie als wichtig empfunden. Der Nutzen urbaner Landwirtschaft lasse sich nicht nur am CO2-Ausstoß messen. Die Studie verweist auf die sozialen Komponenten von urbaner Landwirtschaft, wie etwa mentale Gesundheit und sozialer Zusammenhalt von Gärtnerinnen. Noch dazu müssten andere Vorteile einbezogen werden, zum Beispiel dass bei lokalen Privat- oder Kollektivgärten keine Luftfrachtkosten anfallen. 

Gerüchte zu Landwirtschaftsverboten kursieren immer wieder. Zum Thema hat die dpa schon Faktenchecks veröffentlicht

(Stand: 08.02.2024)

Links

Facebook-Behauptung (archiviert)

The Telegraph (archiviert)

Nature Cities Studie (archiviert)

Der Standard zu urbaner Landwirtschaft (archiviert)

Wahrheit Siegt Substack (archiviert)

dpa-Faktencheck zur WHO und Landwirtschaft

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