Keine Traktorkolonnen aus Österreich auf deutschen Bauerndemos

Das bestimmende Thema in den deutschen Medien und an den Stammtischen waren zuletzt die großflächigen Bauernproteste im ganzen Land. Nicht nur bei den nördlichen Nachbarn waren die Diskussionen um die Streichung von Subventionen wie etwa für Agrardiesel groß. Auch heimische Landwirte solidarisierten sich mit ihren deutschen Kollegen. In sozialen Medien ist sogar von langen Traktorkolonnen die Rede, die sich zur Unterstützung Anfang des Jahres 2024 auf den Weg nach Deutschland gemacht haben sollen.

Bewertung

Es gibt keine stichhaltigen Belege dafür, dass «zahlreiche Traktorkolonnen» aus Österreich auf dem Weg zu den deutschen Bauernprotesten waren. Dem Österreichischen Bauernbund sind keine entsprechenden Aktionen bekannt. Das im Posting verwendete Bild stammt von einer Protestaktion vor Weihnachten in Koblenz.

Fakten

In vielen deutschen Städten haben Landwirte Protestfahrten organisiert - auch nahe der Grenze zu Österreich. So kam es etwa in Berchtesgaden oder Rosenheim zu einem deutlich erhöhten Aufkommen an landwirtschaftlichen Geräten auf den Straßen. Die Vermutung, dass auch österreichische Bauern an den Protestfahrten teilnahmen, scheint deshalb nicht so weit hergeholt. Allein: Es gibt keine Belege dafür.

Auf Bildern und Videos aus den beiden bayerischen Städten sind keine Kennzeichen aus Österreich zu erkennen. Der Polizei im Bezirk Oberbayern Süd lagen keine Informationen zu Solidaritätsfahrten oder Traktorkolonnen aus Österreich vor, wie sie auf Anfrage mitteilte. Jedoch könne man nicht ausschließen, dass einzelne Traktoren über die immerhin mehr als 300 Kilometer lange Grenze des Dienstbereichs zu Österreich gefahren seien.

Auch von österreichischer Seite wurden keine Auffälligkeiten berichtet. Die Salzburger Polizei wurde eigenen Angaben zufolge zwar von den bayerischen Kollegen im Vorfeld der für 8. Jänner geplanten Proteste gewarnt. Traktorkolonnen an den Grenzübergängen gab es allerdings keine, wie die Behörde mitteilte.

Auch österreichische Bauernverbände verneinen Teilnahme

Interessensgemeinschaften und Organisationen der heimischen Landwirte erklärten dpa-Faktencheck ebenfalls, nichts von geplanten größeren Solidaritätskundgebungen gewusst zu haben. Dem Österreichischen Bauernbund waren «keine Proteste oder etwaige Zusammenschlüsse» bekannt. Die für medienwirksame Protestaktionen bekannte IG-Milch war ihrem Obmann Ewald Grünzweil zufolge aktuell nicht an Demonstrationen in Deutschland vertreten.

Lediglich eine Versammlung am Morgen des 8. Jänner 2024 in Braunau am Inn wurde bei der Polizei angemeldet. Bei einer gemeinsamen Sperre der Staatsbrücke «Braunau-Simbach» für etwa eine halbe Stunde solidarisierten sich einige heimische Bauern mit ihren deutschen Kollegen. Die Polizei teilte dpa mit, exakt sechs Traktoren aus Österreich registriert zu haben.

Aufnahme entstand vor Wochen in Koblenz

Ein Facebook-Posting verwendet zur Illustration der angeblichen Solidaritätsbekundung von Landwirten aus Österreich und Ungarn eine Aufnahme, die bereits mehrere Wochen alt ist. Sie stammt aus einem Video, das um Weihnachten 2023 auf sozialen Medien verbreitet wurde. Weitere Fotos zeigen die Kolonne aus einem ähnlichen Blickwinkel. Demnach fand der Protest nahe Koblenz statt, der exakte Aufnahmeort lässt sich über Online-Kartendienste ermitteln.

Einer Presseaussendung der Koblenzer Polizei zufolge fand der Protest zu den Themen «Wegfall der Subventionen für Agrar- Dieselkraftstoff» sowie «Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft» am Abend des 22. Dezember 2023 statt. Demnach nahmen dort gegen 19 Uhr mehr als 1100 Fahrzeuge daran teil.

(Stand: 16.01.2024)