Walerij Saluschnyj

Video von ukrainischem General ist mithilfe von KI gefälscht

18.12.2023, 20:29 (CET)

Desinformation ist eine gefährliche Waffe im Krieg, mit der Verbündete beeinflusst und Menschen verunsichert werden sollen. Dabei ist inzwischen selbst das Fälschen von Videos schnell gemacht.

Seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 wütet Krieg im Nachbarland der Europäischen Union. Doch Krieg wird lange nicht mehr nur mit Waffen am Schlachtfeld, sondern auch im Netz geführt. In den sozialen Medien kursiert derzeit eine angebliche Aufnahme des ukrainischen Generals Walerij Saluschnyj, der zu einem Putsch gegen Präsident Wolodymyr Selenskyj aufruft. In dem Video wirft er Selenskyj vor, seinen Mitarbeiter getötet zu haben. Auch Saluschnyj selbst soll in Gefahr sein. Kann das stimmen?

Bewertung

Das Video wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) manipuliert. Es basiert auf einem Video aus einer Pressekonferenz im Jahr 2022. Beweise für diesen Putschaufruf sind keine zu finden.

Fakten

Seit 2021 ist Saluschnyj Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte. In der Rangordnung steht nur Selenskyj als Oberbefehlshaber über ihm. 

Im Sommer kursierten falsche Berichte über Saluschnyjs vermeintlichen Tod, Anfang November wurde sein persönlicher Assistent bei einer Granatenexplosion getötet. Auf diesen Vorfall wird offenbar auch im vorliegenden Video Bezug genommen. Laut Innenminister Ihor Klymenko handelte es sich um einen Unfall, und die polizeiliche Ermittlung dauert an. Es gibt keine Hinweise, dass die Explosion mit dem ukrainischen Präsidenten in Zusammenhang steht.

Der General hat auch offizielle Kommunikationskanäle auf Telegram und Facebook mit Verifizierung. Auf keiner der Plattformen sind Hinweise auf einen vermeintlichen Putsch zu finden.

Tatsächlich wird aber in mehreren Berichten ein Zwist zwischen Saluschnyj und Selenskyj vermutet. Anfang November hat der General vor einem Patt im Russland-Krieg gewarnt. In einem Interview mit dem britischen Journal «The Economist» sprach er von der Gefahr eines Stellungskriegs. Seitdem gibt es immer mehr Berichte über Unstimmigkeiten zwischen den beiden

Keine Hinweise auf Putschaufruf

Falls es tatsächlich einen Aufruf zum Putsch in der Ukraine gäbe, würde es vermutlich auch die nationalen und internationalen Medien beschäftigen. Wenig bis keine Aufmerksamkeit bei einem international wichtigen und heiklen Thema wäre ungewöhnlich. Schließlich gab es massive mediale Aufmerksamkeit als Jewgenij Prigoschin, Chef der Söldner-Gruppe Wagner, zum Putsch gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufrief.

Auch in den ukrainischen Medien waren keine Berichte über einen vermeintlichen Putsch zu finden. Hingegen warnt unter anderem auch das staatliche Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation der Ukraine vor dem Video. Laut dem Zentrum handelt es sich um einen «Deepfake» mit dem Ziel, Panik zu verbreiten und Militär und Regierung zu spalten. Das Zentrum, dass sich am 8. November zu dem Thema äußerte, ist eine Einrichtung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats.

Video vermutlich mit KI manipuliert

Mehrere Ungereimtheiten im Video weisen auf eine Fälschung hin. Programme, um Videos zu fälschen, sind teilweise frei im Internet zu finden. Bei raffinierten Programmen können auch Lippenbewegungen angepasst werden.

Doch die Lippenbewegungen in dem nun verbreiteten Video passen nicht zu den gesprochenen Worten. Auch der Ton ist nicht ganz korrekt. Mithilfe von Übersetzungssoftware hat dpa die Inhalte der Meldungen abgeglichen und durch ein russischsprachiges dpa-Mitglied bestätigen lassen.

Laut dem ukrainischen Faktenchecker von «StopFake» ist der Clip sehr wahrscheinlich mit KI verfälscht. Zur Überprüfung verwendeten sie ein Programm, um genau solchen KI-Fakes auf die Spur zu kommen.

In vielen Fällen basieren KI-Fakes auf echtem Video- oder Bildmaterial und das ist in diesem Fall nicht anders. Im Originalvideo vom 18. Februar 2022 - vor dem Start der russischen Invasion - spricht der General davon, dass die ukrainische Armee keine Offensivoperationen in der Ostukraine plant. Zu einem Putsch ruft er hingegen nicht auf.

Die Videos sind, nebeneinander abgespielt, eindeutig dieselben. Mit einer Verzögerung von vier Sekunden im Fake-Video ist der Hintergrund, die Uniform, und sogar die Gestik des Generals identisch. Auffallend ist, dass die Auflösung im manipulierten Video niedriger ist - ein weiterer Hinweis auf Videobearbeitung.

Die dpa hat sich bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Videomanipulationen beschäftigt.

(Stand: 18.12.2023) 

Links

Offizieller Telegram-Kanal (archiviert)

Offizieller Facebook-Account (archiviert)

Centre for Countering Disinformation Ukraine (archiviert)

Frankfurter Rundschau (archiviert)

Frankfurter Rundschau II (archiviert)

Die Zeit zu Selenskyj (archiviert)

ORF zu Saluschnyj (archiviert)

FAZ (archiviert)

Correctiv Faktencheck zu Saluschnyj (archiviert)

Die Zeit zu Saluschnyj (archiviert)

Originales Video vom 18. February 2022 (archiviert)

Stopfake (archiviert)

dpa-Faktencheck

Behauptung auf Facebook (archiviert, archiviertes Video)

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