Bild stammt aus Schweden

Windräder werden in Deutschland nicht per Helikopter enteist

08.12.2023, 16:45 (CET)

Windkraftanlagen gelten als umweltfreundliche Energiequelle. Wer sich an ihnen stört, versucht das mitunter zu widerlegen. Doch ein Bild aus Schweden belegt keine umweltschädliche Wartung in Deutschland.

Windräder sind ein wichtiger Bestandteil für eine umweltfreundlichere Energiewirtschaft. Doch in sozialen Medien wird immer wieder auf angebliche Nachteile und Widersprüche hingewiesen. Nicht immer zurecht: Angeblich belege ein Bild, dass es in Deutschland nötig sei, Helikopter in die Luft zu schicken, um sie zu enteisen. «Winter in Deutschland ist, wenn Kerosinpropeller aufsteigen, um Chemie zu versprühen, damit die Ökopropeller wieder laufen», heißt es in einem Beitrag auf Facebook.

Bewertung

Das Bild stammt nicht aus Deutschland. Es wurde im Jahr 2015 in Schweden aufgenommen. Der Helikopter setzt laut dem Artikel, aus dem es stammt, auch keine «Chemie» ein, sondern heißes Wasser. In Deutschland werden Windräder normalerweise nicht enteist.

Fakten

Dass es sich bei dem Bild weder um eine aktuelle Situation noch um eine Aufnahme aus Deutschland handelt, ist rasch über eine Foto-Rückwärtssuche zu belegen. Dadurch findet sich nämlich zum Beispiel ein Artikel der schwedischen Zeitschrift «Ny Teknik» aus dem Jänner 2015. In dem damaligen Bericht ging es um Möglichkeiten, Windkraftanlagen zu enteisen.

Entstanden ist das Bild beim Uljabuouda Windpark im Norden von Schweden. In der Region herrschen von Dezember bis März Durchschnittstemperaturen von minus neun bis minus 14 Grad Celsius. In dem Artikel wird von einem Verfahren berichtet, bei dem gefrorene Rotorblätter von einem Helikopter durch eine Heißwasserdusche enteist werden. Es wird also nicht wie behauptet Chemie eingesetzt, sondern einfaches erhitztes Wasser. 

In Deutschland kommt es laut Experten kaum vor, dass Anlagen vereisen und dadurch stillstehen. «Hierzulande wird diese Praxis nicht angewendet», erklärt Philip Matthiessen vom deutschen Bundesverband Windenergie auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Selbst wenn es zu Vereisungen käme, sei der entstehende wirtschaftliche Schaden zu vernachlässigen.

Das deutsche Umweltbundesamt weiß ebenfalls nichts von solchen Einsätzen. «Wenn es einen Einsatz von Hubschraubern und Chemikalien zur Enteisung von Windrädern überhaupt als Methode geben würde, müssten die Betreiber das im Rahmen der Genehmigung beantragen - so, wie sie etwa auch die Löschmittel für den Brandschutz beantragen müssen. Solche Anträge sind uns aber überhaupt nicht bekannt», sagte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage.

In Skandinavien, in der Schweiz und auch in Österreich fallen laut einem Schweizer Gutachten die Windkraftanlagen durch Vereisung teilweise über einen Monat lang aus. Aus diesem Grund sind zahlreiche Rotoren mit Blattheizungen versehen. Diese Methode wird auch im «Ny Teknik»-Artikel als Alternative zu den Helikoptern beschrieben.

(Stand: 7.12.2023)

Links

Beitrag auf Facebook mit Behauptung (archiviert)

Bericht von «Ny Teknik» (archiviert)

Standort Uljabuouda Windpark (archiviert)

Temperaturwerte in Norrbotten (archiviert)

Gutachten zur Vereisung von Windkraftanlagen (nur archiviert)

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