Angebliche Entführung einer Achtjährigen in Dortmund erfunden

Bei Falschbehauptungen auf Facebook über angebliche Kidnapping-Fälle werden immer wieder neue Tatorte ins Spiel gebracht. Zudem variieren häufig das Alter der Kinder, die Namen und das Geschlecht. Aktuell etwa soll ein achtjähriges Mädchen in Dortmund entführt worden sein. User werden sogar aufgefordert, bei der Suche nach dem Täter zu helfen. Doch an der Story ist nichts dran.

Bewertung

Die Geschichte ist erfunden. Das bestätigt die Polizei Dortmund. Die Fotos wurden aus verschiedenen Kriminalfällen zusammengestückelt.

Fakten

In dem Facebook-Posting sind drei Aufnahmen enthalten: ein Foto des angeblich in Dortmund entführten Mädchens, das Bild einer Entführung und ein Fahndungsfoto des vermeintlichen Täters. Klickt man auf den Link im Facebook-Post, so gelangt man zu einer nachgeahmten Facebook-Seite - bereits das erste Indiz für eine Fälschung.

Auf dieser Fake-Seite heißt es, ein kleines Mädchen sei gekidnappt worden, und der Entführer befinde sich noch auf freiem Fuß. Zwei verpixelte Screenshots zeigen einen Mann, der der Entführer sein soll. Es ist ein anderer Mann als im Facebook-Posting, auch unterscheiden sich Szenerie und Umgebung. Auch solche Widersprüche deuten häufig auf einen Fake hin.

Story aus anderen Fällen zusammengestückelt

Das gesamte im Facebook-Posting enthaltene Bildmaterial wurde aus verschiedensten Vorfällen zusammengetragen.

• Foto des Kindes: Es zeigt ein siebenjähriges Mädchen, das im Dezember 2022 im US-Bundesstaat Texas als vermisst gemeldet und wenig später tot aufgefunden wurde. Ein Mann steht wegen der Entführung und Ermordung des Mädchens vor Gericht. Mithilfe der Bilderrückwärtssuche von Google lassen sich mehrere Medienberichte (hier oder hier) über die Tat finden, die genau dasselbe Foto beinhalten wie das, das im Facebook-Posting zu sehen ist.
• gezeichnetes Fahndungsfoto: Es ist das Phantombild eines Mannes, der im Verdacht steht, im Juni 2009 in Bayern eine 73-Jährige ermordet zu haben. Auch zu diesen Medienberichten samt Foto (hier oder hier) gelangt man mithilfe der Google-Bilderrückwärtssuche. Mehr als zehn Jahre nach der Tat, war der Täter noch nicht gefunden.
• angebliche Entführung: Der Ursprung dieses Fotos lässt sich nicht eindeutig klären, ein alter Hut ist es aber allemal. Es wurde bereits häufig irgendwelchen vermeintlichen Kidnapping-Versuchen zugeschrieben. Mehrere Polizeistationen in Deutschland (hier und hier), aber auch zum Beispiel in Schottland warnten bereits vor der Verwendung des Fotos.
• verpixelte Screenshots auf Fake-Facebook-Seite: diese Fahndungsbilder stehen tatsächlich im Zusammenhang mit einer versuchten Kindesentführung - nicht jedoch in Deutschland. Polnischen Medienberichten (hier und hier) sowie einer Presseaussendung der polnischen Polizei zufolge ist ein Mann im Jahr 2016 in der Stadt Posen mit dem Versuch gescheitert, einen vierjährigen Buben zu entführen.

Polizei Dortmund dementiert

Seit Oktober 2023 finden sich unter den Presseaussendungen der Polizei Dortmund keine Fahndungen im Zusammenhang mit der Entführung eines Mädchens. Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte die Behörde im Dezember 2023 mit: Es handle sich um keinen realen Fall.

Fake-Facebook-Seite wohl für Phishing eingerichtet

Auf der Fake-Facebook-Seite werden User um Unterstützung bei der Identifizierung des angeblichen Täters gebeten. Versucht man das entsprechende Video abzuspielen, erscheint die Aufforderung, sich anzumelden. Es scheint sich dabei um eine wiederkehrende Masche zu handeln, persönliche Daten abzuklopfen. Auf dieselbe Fake-Seite führen auch zahlreiche andere Social-Media-Meldungen über erfundene Entführungen, wie vergangene dpa-Faktenchecks (hier oder hier) zeigen.

(Stand: 11.12.2023)