Zahlreiche Widersprüche

Angebliche Entführungen von Mädchen sind Falschmeldungen  

06.12.2023, 16:03 (CET)

In regelmäßigen Abständen machen in Sozialen Medien angebliche Fälle von Kindesentführungen die Runde. So auch aktuell: User teilen Links (hier, hier), denen zufolge ein 8-jähriges Mädchen entführt worden sein soll. Die Formulierung der Beiträge ist bis auf den Ort, an dem die Entführung passiert sein soll, gleich. Die Fotos der angeblich gekidnappten Mädchen unterscheiden sich leicht. Was steckt dahinter?  

Bewertung:

Es handelt sich um eine Falschmeldung. Zumindest eines der Fotos wurde KI-generiert. Nichts deutet darauf hin, dass es diese Fälle gibt.

Fakten:

Sucht man aber mit der Bilderrückwärts-Suche von Google nach dem ersten Bild, so gelangt man sofort zu der Webseite «Generated Photos». Auf der Webseite kann man sich komplett mittels einer Künstlichen Intelligenz (KI) generierte Fotos erstellen lassen. Das Bild des blonden Mädchens mit blauen Augen findet sich auf dieser Webseite (erstes Bild von links in der zweiten Reihe). Das Mädchen existiert also gar nicht und kann daher auch nicht entführt worden sein.  

Das Foto des Mädchens im zweiten Link ähnelt vom Motiv und dem Stil stark dem ersten. Sucht man ebenfalls mit der Google-Bilderrückwärtssuche nach dem Foto, gelangt man zwar wieder auf die Webseite «Generated Photos». Exakt das gleiche Bild lässt sich diesmal allerdings nicht finden. Die Wahrscheinlichkeit ist trotzdem groß, dass das Foto mit einem KI-Tool erstellt wurde. Ein weiteres Indiz ist, dass die Metadaten der Bilder fast identisch sind (hier, hier).  

Unter beiden Bildern sind Links eingefügt. Der unter dem ersten Bild führt zu einer Seite mit einer Fehlermeldung. Beim zweiten Bild endet der Link auf einer gefälschten Facebook-Seite der «Bild». Dort heißt es, dass ein kleines Mädchen gekidnappt worden sei und der Entführer noch auf freiem Fuß sei. Untenstehend sind zwei verpixelte Screenshots eines Videos angefügt, das angeblich den Entführer zeigen soll. Die User werden um Unterstützung bei der Identifizierung gebeten. Versucht man das Video abzuspielen, erscheint die Aufforderung, sich anzumelden. Dabei handelt es sich um eine gängige Methode, um an persönliche Daten zu kommen.  

Bei dem Video mit dem Mann handelt es sich zwei polnischen Medienberichten (hier, hier) sowie einer Presseaussendung der polnischen Polizei zufolge tatsächlich um Fahndungsbilder. Der Mann soll im Zusammenhang mit einer versuchten Kindesentführung im Jahr 2016 in der polnischen Stadt Posen stehen. Die Tat fand während einer Sportveranstaltung am Maltasee statt. Das Fahndungsvideo entstand in unmittelbarer Nähe zum See.  

Der Vorfall ist also schon sieben Jahre alt. Außerdem scheiterte damals der Entführungsversuch und bei dem Kind soll es um einen 4-jährigen Buben gegangen sein und nicht um ein 8-jähriges Mädchen. Es gibt also keinerlei Informationen, die darauf hindeuten, dass es hier um echte Entführungen von Kindern geht. 

Stand: 6.12.2023

Links: 

Facebook-Posting 1 (archiviert)  

Facebook-Posting 2 (archiviert)  

Webseite «Generated Photos» (archiviert)

KI-generiertes Bild (archiviert)

Bilderrückwärtssuche nach Mädchen von zweitem Bild (archiviert)  

Medadaten von Bild 1

Medadaten von Bild 2

Fake-Facebook-Seite (archiviert)

Medienbericht von «Polsat News» (archiviert)

Medienbericht von «TVN24» (archiviert)  

Presseaussendung von polnischer Polizei (archiviert)  

Google Maps-Aufnahme von Gegend um See (archiviert)  

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