Geo-Engineering und Flugzeugtechnik falsch interpretiert

Immer wieder geistern Berichte durch die sozialen Netzwerke, die eine Existenz sogenannter Chemtrails beweisen wollen. Zurzeit wird auch wieder ein Facebook-Posting zu diesem Thema tausendfach geteilt. Das Sharepic zeigt eine Zeitungsseite mit zwei Artikeln. Einer will Sprühtechnik an einem Flugzeugflügel aufgedeckt haben, der andere berichtet von einem Papier der deutschen Bundeswehr von 2012 über Geo-Engineering. Laut dem Artikel im Sharepic sind Chemtrails mit Geo-Engineering verbunden. 

Bewertung

Beide Artikel sind falsche Darstellungen. Die angeblichen Düsen zur Verbreitung von Chemikalien sind Teil einer Sicherheitsvorrichtung am Flugzeug, und das zitierte Papier vom Planungsamt der Bundeswehr erwähnt an keiner Stelle Chemtrails. 

Fakten

Da das Sharepic bis auf die Überschriften wegen niedriger Auflösung nicht lesbar ist, musste die Zeitungsseite mittels einer Stichwortsuche gefunden werden. Die Seite stammt von einer deutschen überregionalen Straßenzeitung namens «Strassen Gazette», die bereits wegen der Verbreitung von Chemtrail-Verschwörungstheorien gerügt wurde. Das Sharepic zeigt eine Seite der Ausgabe 136 von Dezember 2013/Jänner 2014. 

Der Artikel mit der Überschrift «Chemtrails: Sprühtechnik aufgedeckt!» wurde erstmals auf dem Verschwörungsblog «leyline.de» veröffentlicht. In der Straßenzeitung ist ein Bild eines Flugzeugs beigefügt, mit einem Hinweis zu einer vermeintlichen Düse, die Chemikalien versprüht. Eine Recherche ergab, dass die Maschine im Bild ein Flugzeug vom Typ Airbus 320-214 ist.

Die abgebildeten Düsen sind eine Sicherheitsvorkehrung des Flugzeugs. Laut Professor Carsten Braun, der Luftfahrzeugtechnik in Aachen unterrichtet, sind diese Röhren sowohl für den Druckausgleich zwischen Umgebungsluft und Luft innerhalb des Flugzeugs notwendig, als auch für den Ablauf von Flüssigkeiten.

«Dies ist notwendig, weil die in der Luftfahrt üblichen Aluminiumlegierungen extrem korrosionsanfällig sind. Eine Grundregel der Konstruktion von Flugzeugstrukturen ist: Jedes Tröpfchen Flüssigkeit (Wasser, Öle, Treibstoff), das sich an einem Punkt im Flugzeug befindet, wo es nicht hingehört, muss unter Einwirkung der Schwerkraft ohne aktive Maßnahmen ablaufen können», erklärte Braun der dpa.  

Im zweiten Artikel wird ein Papier vom Planungsamt der deutschen Bundeswehr mit dem Titel «Future Topic Geo-Engineering» besprochen. Die Straßenzeitung setzt Geo-Engineering mehrmals mit Chemtrails gleich und stellt das Dokument als Bestätigung ihrer Existenz dar. Nur werden weder auf der Seite, auf die die Autorin hinweist (und die nur mehr archiviert vorzufinden ist), noch in dem eigentlichen Papier irgendwo Chemtrails erwähnt. Das Papier von 2012 stammt vom Planungsamt, das dem deutschen Verteidigungsministerium untersteht und Pläne für die Ausrichtung des Bundesheeres entwirft. 

Im Vorwort des Papiers wird bereits festgehalten, dass «Die Studienarbeiten des Dezernats Zukunftsanalyse (...) keine offiziellen Positionen des BMVg (...)» wiederspiegeln. Das Papier selbst behandelt den Einsatz von Geo-Engineering. Dieser Fachbegriff beschreibt Eingriffe in die biochemischen Kreisläufe der Erde mit technischen Mitteln mit dem Ziel, den Klimawandel einzudämmen. In den 48 Seiten werden die Risiken von Geo-Engineering abgewogen, wie auch die Diskussionspunkte und die rechtliche Lage um einen Einsatz. 

Für Chemtrails gibt es nach wie vor keine Beweise, und deren Existenz wurde schon mehrmals von Experten widerlegt. Die dpa hat auch bereits ähnliche Behauptungen zum Thema Chemtrails untersucht. 

(Stand: 27.11.2023)