Bill Gates' Aussagen werden sinnentstellend wiedergegeben

Spätestens seit der Corona-Pandemie wird der Microsoft-Gründer Bill Gates zum Gegenstand von Falschinformationen. So teilte eine Userin aus Österreich jüngst in einem Facebook-Posting die Titelseite der Zeitung «Sovereign Independent», auf der auf Englisch «Entvölkerung durch Zwangsimpfung» zu lesen ist. Gates habe den zum Titel gehörenden Artikel geschrieben. Er glaube, dass diese Vorgangsweise die «umweltfreundlichste Lösung» wäre, behauptet die Posterin weiter. Was ist dran an der Geschichte? 

Bewertung

Bill Gates hat den Artikel nicht geschrieben. Die Zeitung hat Aussagen von ihm über das Wachsen der Weltbevölkerung sinnentstellend wiedergegeben. Um eine «Entvölkerung» ging es nie.

Fakten

Die «Sovereign Independent» war eine irische Zeitung, von der nur wenige Ausgaben erschienen, die sich damals vor allem verschwörungsideologischen Themen widmeten. Deren Webseite ist nicht mehr online, es gibt aber zahlreiche Archivierungen von der Seite. Die Erste ist von 2009.  

Die in Sozialen Medien verbreitete Titelseite stammt von der vierten Edition von Juni 2011, wie aus demselben Foto in besserer Qualität hervorgeht. Sucht man in der Wayback Machine mit dem Stichwort «Issue4» danach, so findet man auch Archivierungen von genau dieser Ausgabe. Daraus geht hervor, dass Gates den Artikel nicht selbst geschrieben hat. 

Sucht man mit den Stichworten «The world today has 6.8 billion people. That's headed up to about 9 billion» und «Bill Gates», so zeigt sich, dass sie aus einem TED Talk von Gates im Jahr 2010 stammen. Die Themen des Talks waren CO2-Ausstoß und Bevölkerungswachstum. 

Gates setzte sich darin dafür ein, dass weltweite Bevölkerungswachstum zu verringern, um den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 zu reduzieren. Er sagte, die Weltbevölkerung werde laut Prognose von 6,8 Milliarden (Stand 2009) auf etwa 9 Milliarden Menschen anwachsen. Diese Zahl könne man mit neuen Impfungen und einer guten Gesundheitsversorgung verringern. 

Den Zusammenhang von Impfungen gegen Infektionskrankheiten und einem schwächeren Bevölkerungswachstum hatte Gates in einem offenen Brief aus dem Jahr 2009 beschrieben. Je mehr Kinder demnach geimpft werden, desto länger leben sie. Wenn mehr Kinder überleben, müssen Eltern weniger Kinder in die Welt setzen, um von ihnen später, wenn sie alt werden, Unterstützung zu bekommen. Eine geringere Kindersterblichkeit führt demnach dazu, dass Frauen weniger Kinder bekommen. Auch in einem Artikel in der Zeitschrift «Forbes» und in einem CNN-Interview von 2011 erklärt Gates diesen Ansatz. 

Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler auch schon vor Gates beschrieben. Dass die Geburtenrate nach einiger Zeit sinkt, wenn die Kindersterblichkeit abnimmt, ist nach wie vor ein gängiges Konzept der Entwicklungsforschung (hier, hier).

Gates' Vorschlag lautete also nicht, die Bevölkerung zu reduzieren – und schon gar nicht die Welt zu entvölkern -  sondern das Bevölkerungswachstum zu bremsen. Die Begriffe «Bevölkerungsreduktion» oder «Entvölkerung» («Depopulation») benutzte Gates in seinem Vortrag gar nicht. 

(Stand: 23.10.2023)