Irland

Gefälschtes Schreiben über ukrainisches Auslieferungsersuchen

12.10.2023, 14:34 (CEST)

Der Brief sieht offiziell aus - und scheint zu belegen, dass Irland ukrainische Wehrpflichtige in ihre Heimatland ausliefern will. Aber es lohnt sich, genau hinzuschauen.

Unter den ukrainischen Flüchtlingen in den EU-Staaten sind auch Männer im wehrpflichtigen Alter. Ein in Sozialen Netzwerken kursierendes Schreiben, das angeblich vom irischen Justizministerium stammt, sorgt für Aufsehen: Demnach sollten wehrpflichtige Ukrainer, die nach Irland geflohen sind, an ihr Heimatland ausgeliefert werden, um in die Armee eingezogen zu werden. Was ist dran?

Bewertung

Das Schreiben ist laut dem irischen Justizministerium gefälscht. Auf Grundlage der im Schreiben hinterlegten Auslieferungsübereinkünfte würde zudem keine Auslieferung stattfinden.

Fakten

Mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde eine Generalmobilmachung angeordnet. Auch wehrfähige Männer sind seither ins Ausland geflüchtet. Mit Stand September 2023 befanden sich nach Angaben des Innenministeriums rund 14 000 ukrainische Männer im wehrpflichtigen Alter allein in Österreich.

Von Herbst 2023 an verbreitete sich in mehreren Ländern ein angebliches Informationsschreiben des irischen Justizministeriums zur Auslieferung. Das Schreiben ist jedoch nach Angaben des Ministeriums gefälscht. Das teilte es am 12. September 2023 auf X (vormals Twitter) und auf seiner Webseite mit. Dort heißt es übersetzt: «Uns ist bekannt, dass derzeit betrügerische Schreiben im Zusammenhang mit Auslieferungen im Umlauf sind, die vorgeben, vom Justizministerium zu stammen. Wir können bestätigen, dass diese Schreiben nicht von diesem Ministerium versandt worden sind».

In Österreich würde einem Auslieferungsantrag mit der Begründung der Militärverweigerung nach Angaben der Regierung nicht stattgegeben. Eine Pressesprecherin des Justizministeriums sagte auf APA-Anfrage: «Die Verletzung der Wehrpflicht ist eine militärisch strafbare Handlung». Laut Artikel 4 des Europäische Auslieferungsübereinkommens ist für ein derartiges Delikt das Übereinkommen nicht anwendbar.

Konkret heißt es in diesem Artikel 4: «Auf die Auslieferung wegen militärischer strafbarer Handlungen, die keine nach gemeinem Recht strafbaren Handlungen darstellen, ist dieses Übereinkommen nicht anwendbar.»

Die Verweigerung des Militärdienstes ist auch in Irland ein Verstoß im Zusammenhang mit einer militärischen Verpflichtung. Da diese in anderen Gesetzen aber als nicht strafbare Handlung gilt, ist eine Auslieferung nicht möglich, wie unter Punkt 12 des entsprechenden Gesetzes nachzulesen ist.

(Stand: 11.10.2023)

Links

APA-Bericht über Antwort österreichischer Gericht auf möglichen ukrainischen Haftbefehl (archiviert)

X-Beitrag des irischen Justizministeriums (archiviert)

Dementi des irischen Justizministeriums (archiviert)

Artikel 4 des Europäischen Abkommens (archiviert)

Defense Act Irland (Sektion 135) (archiviert)

Extradiction Act Irland (Punkt 12) (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

Anordnung zur Generalmobilmachtung in der Ukraine (archiviert)

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