Gespräche über Migration

Video ist fünf Jahre alt und enthält Falschbehauptungen über UN-Migrationspakt

12.10.2023, 16:40 (CEST)

Als die Vereinten Nationen 2018 ein Regelwerk für den Umgang mit Migration erarbeiteten, sorgte das für Unruhe in einigen Mitgliedsstaaten. Noch heute wird in sozialen Medien damit Stimmung gegen Migranten und Politik gemacht. Einigen Posts zufolge soll schon das Sprechen über Migration bald weltweit unter Strafe gestellt werden. Dabei wird der Eindruck erweckt, das Video sei aktuell und beziehe sich auf den Dezember 2023.

Bewertung

Das Video im Posting ist alt. Es stammt von einer Pressekonferenz rechtsgerichteter Parteien im EU-Parlament im Vorfeld der Abstimmung zu einem UN-Migrationspakt Ende 2018. Die darin gefassten Beschlüsse stellten weder das Reden über Migration unter Strafe, noch waren sie völkerrechtlich bindend.

Fakten

Der Inhalt des Videos wurde zwar nicht bearbeitet, der 90-sekündige Ausschnitt aus einer rund 16-minütigen Pressekonferenz ist jedoch schon rund fünf Jahre alt. Das Video stammt von einer Pressekonferenz der 2015 gegründeten rechtspopulistischen Fraktion ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) im Europäischen Parlament aus dem Jahr 2018.

Am Tisch sitzen deren Vorsitzende, Marcel de Graaff und Nicolas Bay, sowie Gerolf Annemans. Sprecher im Video ist de Graaff, zu diesem Zeitpunkt Abgeordneter der niederländischen «Partij voor de Vrijheid».

Er drückte in der Pressekonferenz seine Sorge über den damals geplanten «Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration» der Vereinten Nationen aus. Dabei stellte er falsche Behauptungen auf. Kritik an Migration solle mit dem Abkommen strafbar und Massenmigration legalisiert werden, erklärte de Graaff vor der Presse.

Tatsächlich findet sich in dem 2018 veröffentlichten Papier Zielvorgabe 17, in der es um die Auslöschung «aller Formen von Diskriminierung» geht. Dies sollte über sieben Punkte erreicht werden. Der erstgenannte betrifft Hassverbrechen gegen Migranten. Diese sollten dem Pakt zufolge unter Strafe gestellt werden, sowie die Strafverfolgungsbehörden darin geschult werden, «Verbrechen und andere Gewalttaten, die sich gegen Migranten richten, zu erkennen, zu verhindern und darauf zu reagieren, sowie medizinische, rechtliche und psychosoziale Hilfe für die Opfer bereitzustellen».

Zudem solle Migranten, die Opfer von Hassverbrechen wurden, mehr Gehör verschafft werden. Gleichzeitig müsse auch mit neuen Verboten von Hassrede das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt bleiben, hieß es damals. Die Meinungsäußerung dürfe demnach nicht allein aufgrund ihrer Anstößigkeit eingeschränkt werden.

Die Vereinbarung, die am 10. Dezember 2018 von 164 der 193 UNO-Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde, ist völkerrechtlich nicht bindend. Neben 24 nicht abstimmenden Ländern und fünf Gegenstimmen (Israel, Polen, Tschechien, Ungarn und USA) gab es auch 12 Enthaltungen, darunter von Österreich.

(Stand: 10.10.2023)

Links

Facebook-Posting (archiviert) (Video archiviert)

Pressemitteilung zur Fraktionsgründung (archiviert)

Audiomitschnitt der Pressekonferenz (archiviert)

Pressekonferenz bei YouTube (archiviert) (Video archiviert)

Ergebnispapier zum Pakt (archiviert)

Einschätzung bei article19.org (archiviert)

Endfassung des Papiers (archiviert)

Artikel der UNO zur Abstimmung (archiviert)

Artikel derstandard.at zu Österreichs Haltung (archiviert)

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