Jordan Peterson

Kanadischer Psychologe, der über deutsche Politiker schimpft, ist Deepfake

28.09.2023, 15:20 (CEST), letztes Update: 28.09.2023, 17:31 (CEST)

Hat Jordan Peterson schlecht über die deutsche Bundesregierung geredet? Diesen Eindruck könnte man bei einem Video bekommen - doch es handelt sich um eine Fälschung.

Jordan Peterson ist ein populärer, aber auch streitbarer kanadischer Psychologe. Mit seinen oft kontroversen Ansichten zu Dauerbrenner-Themen wie Männlichkeit oder Kirche hat er sich viele Fans gemacht. Obwohl er seit Jahren regelmäßig Videos veröffentlicht, stammen nicht alle Ausschnitte, die im Internet kursieren, tatsächlich von ihm. Ein Beispiel dafür sind angebliche Aussagen Petersons zur deutschen Regierungsriege.

Bewertung

Das Video ist ein Deepfake. Das haben sowohl dessen Urheber als auch Peterson klargestellt. Es basiert auf einer Passage aus einem tatsächlichen Video auf Petersons Youtube-Kanal.

Fakten

Peterson lehrte seit Ende der 1990er Jahre an der Universität von Toronto Psychologie. Anfang 2022 räumte er seinen Lehrstuhl, weil er sich auf der offen für Vielfalt und Inklusion eintretenden Universität als «unerwünschte Person» fühlte. Zudem äußerte er die Sorge, seine «qualifizierten und bestens ausgebildeten heterosexuellen, weißen, männlichen Studenten» könnten in dieser Umgebung auf der Strecke bleiben.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Peterson seine Dozententätigkeit allerdings nicht mehr nötig. Mit seinem Lebensratgeber «12 Rules for Life» gelang ihm 2018 der kommerzielle Durchbruch. Das Buch verkaufte sich bis Mai 2023 weltweit über zehn Millionen Mal. Seine Gefolgschaft wuchs in den letzten Jahren auch auf Youtube. Petersons Kanal hat knapp 7,5 Millionen Abonnenten, sein beliebtestes Video (aus dem Jahr 2017) aktuell rund 12 Millionen Aufrufe.

Genau von diesem Kanal stammt auch das Video, das dem plumpen Deepfake zugrunde liegt. Peterson spricht darin fast zwei Stunden lang mit dem britisch-russischen Comedian Konstantin Kisin buchstäblich über Gott und die Welt. Auch Kisin ist kein Unbekannter: Er sorgte mit einer Anti-Wokeness-Rede vor der Oxford Union Society Anfang des Jahres für großen Applaus unter Gleichgesinnten.

Ab etwa Minute 22 ist an den ausschweifenden Handbewegungen Petersons die Passage wiederzuerkennen, die auch im Deepfake verwendet wird. Augenscheinlich wird das vor allem bei seinen angeblichen Ausführungen zum deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz (beide SPD). Auch die spätere Einblendung seines Gesprächspartners Kisin deckt sich mit dem Original. Unmittelbar danach beginnt in der Fälschung ein Teil desselben Ausschnitts von vorne. Die Passage ab Minute 1:07 gleicht in etwa dem vorangegangenen Bildmaterial ab Sekunde 17.

Dass das Video bearbeitet wurde, ist kein Geheimnis. Es lässt sich laut «The Decoder» zu einem deutschen X-Nutzer und selbsternannten «conspiracy comedian» namens «Snicklink» zurückverfolgen, der den Clip Ende Februar 2023 erstmals hochgeladen hatte. Peterson selbst distanzierte sich wenige Tage später beim damaligen Twitter von der Fälschung und forderte harte Strafen für Deepfakes.

(Stand: 27.09.2023)

Links

Peterson-Porträt bei moment.at (archiviert)

Facebook-Beitrag mit Tiktok-Video (archiviert) (Video archiviert)

Artikel zu Petersons Rücktritt (archiviert)

Verlagsseite zum Buch (archiviert)

Facebook-Posting Petersons zu Verkaufszahlen (archiviert)

YouTube-Video mit 12 Millionen Aufrufen (Seite 2022 archiviert)

Das Original-Video auf YouTube (archiviert)

Artikel «New York Post» zu Kisins Rede (archiviert)

Artikel «The Decoder» zum Deepfake (archiviert)

Tweet mit Deepfake-Video (nur archiviert)

Tweet von Peterson zum Deepfake (archiviert)

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