Nicht wegen Polizeisperren
Menschen auf Hawaii suchten Schutz im Wasser
29.9.2023, 12:32 (CEST)
Das Schicksal der Menschen auf der Insel Maui bewegte in den vergangenen Wochen die Welt. Tausende Häuser wurden bei den schlimmsten Bränden in der Geschichte des US-Staats Hawaii vernichtet, dutzende Menschen starben. Online kursieren zahlreiche Verschwörungsmythen, etwa zur Ursache der Brände oder zum Umgang mit den Betroffenen. So soll etwa die Polizei Straßen gesperrt und so Menschen von der Flucht aus der Stadt abgehalten haben. Ziel der angeblich gezielten Brände soll demnach die erzwungene Umsetzung einer 15-Minuten-Stadt gewesen sein.
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Es gibt keine Belege dafür, dass die Polizei die Menschen durch Sperren gezwungen hat, im Wasser Schutz zu suchen. Die Polizei widersprach dieser Darstellung klar. Es gab zudem keine Pläne von offizieller Seite, Teile der Stadt Lahaina niederzubrennen, weil Bewohner ihre Grundstücke nicht verkaufen wollten.
Fakten
Als Ursache für die Brände gilt verschiedenen Medienberichten zufolge nach derzeitigem Stand eine gerissene Stromleitung, die am Morgen des 8. August einen Feuerwehreinsatz erforderte. Wenige Stunden später galt das Feuer als unter Kontrolle. Allerdings flammte es am Nachmittag - begünstigt durch starke Winde an den Ausläufern von Hurrikan Dora und extreme Trockenheit - wieder auf und nahm seinen Kurs auf die Stadt.
Zwischenzeitlich wurden die einzige Umfahrungsstraße um die Stadt, der Lahaina Bypass und die dahin führende Lahainaluna Road gesperrt. Damit waren die Front Street und der Honoapiilani Highway, in den sie mündet, die einzigen Straßen aus der Stadt. In der generell unklaren Lage erreichten diese wichtigen Informationen viele Bewohner nicht. Das geht aus Recherchen der Associated Press hervor. Demnach war auch mindestens eine Straße aus der Stadt verbarrikadiert.
Insbesondere auf der Front Street ist der Verkehr sehr schnell zum Erliegen gekommen, weshalb zahlreiche Bilder und Videos so viele ausgebrannte Autos auf der Straße zeigen. John Pelletier, Polizeichef von Maui, erklärte vor der Presse, dass keine Exekutivorgane Straßen sperrten oder Leute an der Flucht aus Lahaina gehindert. Sie hätten vielmehr versucht, die Menschen zu evakuieren.
Einige Menschen hatten aufgrund der rasanten Ausbreitung der Flammen über das Stadtgebiet schlicht keine andere Wahl, als ins Meer zu flüchten. Nicht die Polizei zwang sie dazu, sondern die Gegebenheiten. Allerdings wurde den Betroffenen manchen Medienberichten zufolge nahegelegt, sich im Notfall ins Wasser zu retten. Die Flammen breiteten sich bis an die Küste aus, wie auch ein aktuelles Satellitenbild vom Aufnahmeort des Videoclips zeigt.
Die Behauptung auf Facebook begleitet ein kurzer Videoclip, in dem zu sehen ist, wie Menschen vor der Küste im Wasser stehen oder schwimmen, während an Land das Feuer wütet. Rauch und Funken werden darin bei schlechter Sicht und apokalyptischer Stimmung Richtung Meer geblasen. Veröffentlicht wurde das Video von dem auf Maui ansässigen Restaurantbetreiber Josh Marten.
Aufgenommen wurde der Clip am 8. August. dpa-Recherchen zufolge liegt der genaue Standort an der Front Street in der von den Bränden am schwersten betroffenen Stadt Lahaina. Ein vergleichbares Video, das auch in einer CNN-Zeitleiste zu den Ereignissen zu finden ist, zeigt ähnliche Szenen. Die US-Küstenwache veröffentlichte Bildmaterial aus Sicht ihrer Schiffe (am Beginn des CNN-Berichts).
Dass die Brände nicht gelegt wurden, um Eigentümer der Grundstücke zum VErkauf zu zwingen, wurde bereits in einem anderen dpa-Faktencheck dargelegt. Es gibt keinerlei Hinweise auf staatlich organisierte Brandstiftung.
Mehr als 2.700 Gebäude wurden ein Raub der Flammen, laut Bürgermeister Richard Bissen sind rund 80 Prozent der Stadt vernichtet. Vereinzelt blieben Häuser oder Siedlungen unversehrt, weil sich der Wind drehte, feuerfeste Materialien verwendet wurden oder die umliegende Vegetation den Flammen standhielt – nicht, weil mit dem angeblich von offizieller Stelle erhofften Verkauf des niedergebrannten Landes Geld gemacht werden solle.
(Stand: 29.9.2023)
Links
Facebook-Posting mit Video (archiviert) (Video archiviert)
Erklärung 15-Minuten-Stadt (archiviert)
Das Video auf Josh Martens Facebook-Profil (archiviert)
Standort des Videos bei Google Street View (archiviert)
Direktlink zu anderem Video bei CNN (archiviert)
CNN-Zeitleiste zu den Ereignissen (archiviert)
Clip mit Videos der Küstenwache (archiviert)
CNN-Artikel zur Brandursache (archiviert)
Behördeninformation zum ursprünglichen Brand (archiviert)
Rekonstruktion der Geschehnisse bei nytimes.com (archiviert)
Offizielle Information zum Wiederaufflammen (archiviert)
AP-Artikel zum Klimawandel als Mitauslöser (archiviert)
AP-Artikel zu den Straßensperren (archiviert)
Medienbericht zu gesperrten Straßen (archiviert) (Video archiviert)
Independent-Artikel bei yahoo.com (archiviert)
Satellitenbild bei Google Maps (archiviert)
dpa-Faktencheck zu Bränden und Energiewaffen
Veröffentlichung zu den Schäden der Brände (archiviert)
Auszug CNN-Newsticker zur Katastrophe (archiviert)
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