WHO-Programm
«One Health»-Konzept für Gesundheit und Ernährung enthält keine Vorgaben
26.9.2023, 14:46 (CEST)
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht derzeit im Mittelpunkt von zahlreichen Falschbehauptungen. Neueste Behauptung laut einem geteilten Videobeitrag: Die Organisation will mit dem «One Health»-Programm Menschen bei der Ernährung einschränken und das Konsumverhalten bestimmen. Was steckt dahinter?
Bewertung
Das tatsächlich existierende «One Health»-Programm der WHO enthält keinerlei Vorgaben zur Ernährung. Durch ein Gleichgewicht zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Natur soll der Ausbreitung von Krankheiten vorgebeugt werden. Dazu gehört auch die Gewährleistung von Lebensmittel- und Trinkwassersicherheit.
Fakten
Lediglich ein Punkt im «One Health Joint Plan of Action» der WHO bezieht sich auf die Überwachung der Lebensmittelsicherheit (Downloadlink, S.53). Vorgaben an Mitgliedsstaaten sind hier allerdings nicht vorgesehen.
Vielmehr geht es bei dem «One Health»-Ansatz um die internationale Zusammenarbeit von Human- und Veterinärmedizin sowie dem Umweltsektor, wodurch weltweite Gesundheitsrisiken frühzeitig erkannt werden sollen, um schneller darauf zu reagieren. Die Dringlichkeit dieses Themas wurde doch die Corona-Pandemie besonders deutlich.
Nach Informationen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) sind rund 75 Prozent aller bei Menschen neu auftretenden Infektionskrankheiten tierischen Ursprungs (Download). Diese Zoonosen seien hauptsächlich indirekt übertragen worden, zum Beispiel über Nahrung.
Auch wenn Ernährung deswegen eine Rolle spielt, heißt das nicht, dass «verpflichtende Nahrungsprogramme» eingeführt werden sollen. Ein WHO-Sprecher teilte auf dpa-Anfrage mit, dass diese im Video angeführte Behauptung eine Fehlinformation sei.
Quelle bezieht sich auf US-Maßnahmen
Das «AUF1»-Video bezieht sich auf einen US-amerikanischen Blogbeitrag als Quelle, in dem mehrere Maßnahmen in den Vereinigten Staaten beschrieben werden, die angeblich Kontrolle über die Ernährung der Bevölkerung ausüben sollen.
In Wirklichkeit ist dies jedoch nicht zutreffend. Nachdem in den USA jährlich mehr als eine Million Menschen an ernährungsbedingten Krankheiten wie Diabetes oder bestimmten Krebserkrankungen sterben, will etwa die Initiative «Food is Medicine» über gesunde Ernährung chronischen Erkrankungen vorbeugen.
Es wird bemängelt, dass Ernährung oftmals zu wenig ins Gesundheitssystem einbezogen wird. Eine Maßnahme wäre, dass Ärzte «medizinisch maßgeschneiderte Mahlzeiten» verschreiben können, um Krankheiten zu verhindern oder ihnen entgegenzuwirken.
Auch in Österreich ist es nicht unüblich, dass im Gesundheitsbereich zu einer gesunden Ernährung geraten wird, um Krankheiten vorzubeugen - die Österreichische Gesundheitskasse beispielsweise bietet eine ernährungsmedizinische Beratung und mehrere Informationsangebote zu gesunder Ernährung an. Zu einer Ernährungstherapie, die individuelle ernährungsbezogene Pläne für Patienten als Maßnahme gegen Erkrankungen erstellt, sind nur Ärzte und Diätologen berechtigt.
Die Behauptung zu den Lebensmittelmarken im Video hat wohl auch im erwähnten Blogbeitrag ihren Ursprung. Derartige Marken wurden früher im Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP) an Personen bis zu einer gewissen Einkommensgrenze verteilt, heute erfolgt die finanzielle Unterstützung über eine Debitkarte. Einschränkungen gibt es hier lediglich für Alkohol und Tabakwaren, nicht für zuckerhaltige Nahrungsmittel wie Softdrinks oder Süßigkeiten.
(Stand: 22.9.2023)
Links
Informationen zu «One Health» (archiviert)
Informationen zu Zoonosen (Downloadlink) (archiviert)
«One Health Joint Plan of Action» (Downloadlink) (archiviert)
Ursprung der Behauptungen(archiviert)
Zu ernährungsbedingten Krankheiten in den USA (archiviert)
Informationen zu «Food is Medicine» (archiviert)
ÖGK zu Ernährungsmedizinischer Beratung (archiviert)
ÖGK zu Gesunder Ernährung (archiviert)
gesundheit.gv.at über Ernährungstherapie (archiviert)
Informationen zu SNAP (archiviert)
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