Kein Ersatz für «Vagina»

Organisation schlug «Bonusloch» als Alternativbegriff vor

17.8.2023, 13:50 (CEST)

Konservative in Großbritannien machen zurzeit Panik wegen allem, was nicht in ihr Weltbild passt. Ähnlich wie in den USA wird neuerdings besonders laut gewettert in der Debatte um Genderidentitäten.

Die neueste Aufregung gilt einem Vorschlag von einer britischen Wohltätigkeitsorganisation, das weibliche Geschlechtsorgan optional auch als «Bonusloch» (auf Englisch: «bonus hole») zu bezeichnen, um Transmännern oder nicht-binären Personen eine Option zu bieten. Diverse Online-Medien verbreiteten daraufhin, dass das Wort «Vagina» durch Ausdrücke wie «vorderes Loch» oder «Bonus-Loch» ersetzt werden soll.

Bewertung

Diese Behauptung stimmt nicht. Es handelt sich lediglich um einen sprachlichen Vorschlag von einer einzelnen Organisation, die sich mit der medizinischen Versorgung bei Transmenschen und non-binären Personen befasst. In dem Glossar, in dem das Wort vorkommt, ist keine Rede davon, das Wort «Vagina» zu ersetzen.

Fakten

Im Glossar von der Organisation «Jo’s Cervical Cancer Trust», der seit mindestens 2020 im Netz nachlesbar ist, steht: «Bonusloch - ein alternatives Wort für Vagina. Es ist wichtig, nachzuprüfen, welche Worte bevorzugt werden”. Das Gleiche steht bei «Front hole» («vorderes Loch»).

In der Einleitung des Glossars ist auch keine Rede von Vorgabe, sondern nur eine Empfehlung: «Die richtige Sprache zu verwenden, wenn man sich auf die geschlechtliche Identität einer Person bezieht, ist eine einfache und wirksame Möglichkeit, Unterstützung und Anerkennung zu zeigen. Wenn die falsche Ausdrucksweise verwendet wird, kann es Menschen verletzen (...)».

In Großbritannien wie in Österreich ruft dieser Vorschlag Kritik hervor. «Der neue "Gendersprech" lässt grüßen», mokiert Exxpress. Das Online-Medium OE24 zitiert «eine empörte Aktivistin», die sich über die «abscheuliche Sprache» äußert. Und die britische Boulevardzeitung «Daily Mail» nennt «Bonusloch» einen Euphemismus.

Die konservative Partei in Großbritannien spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Bei der für 2024 geplanten Parlamentswahl solle sich die Tory-Kampagne auf «eine Mischung von Kulturkriegen und Transdebatte» konzentrieren, sagte Vize-Generalsekretär Lee Anderson kürzlich. «In der Konservativen Partei hören wir auf echte Menschen, nicht auf linke sogenannte Wohltätigkeitsorganisationen und Aktivisten.»

Als Transmenschen oder Transgender werden Menschen bezeichnet, die sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlen. Nicht-binäre Menschen ordnen sich nicht oder nur teilweise in die Kategorie Frau oder Mann ein.

(Stand: 17.8.2023)

Links

Krebsorganisation Jo's Cervical Cancer Trust über «Bonusloch» (archiviert am 15.9.2020)

«Nicht-binär» im LSBTIQ-Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung (archiviert)

«Transgender» im LSBTIQ-Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung (archiviert)

«pride.com» über Debatte (archiviert)

«Daily Mail» über Debatte (archiviert)

«The New European» über Anderson-Aussagen (archiviert)

OE24-Artikel über Debatte (archiviert)

Exxpress-Artikel über Debatte» (archiviert)

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