Es war kein Urlaub

Abgeordnete fehlten aufgrund von Mutterschutz und Krankheit

28.7.2023, 11:31 (CEST)

Weder Krankheit noch die Geburt eines Kindes sind mit Urlaub gleichzusetzen. Das sollte berücksichtigen, wer sich mit dem Patt bei einer Abstimmung im Bundesrat beschäftigt.

Eine Patt-Situation im österreichischen Bundesrat sorgte letztens für Aufregung, da die Abstimmung über das geplante ORF-Gesetz sich nun um einige Wochen verschiebt. Laut der Headline einer österreichischen Tageszeitung konnte sich die eigentliche Mehrheit im Bundesrat nicht durchsetzen, weil Abgeordnete im Urlaub waren. Entspricht dies den Tatsachen?

Bewertung

Die Darstellung ist nicht korrekt. Zwei Mandatare der Regierungsparteien fehlten wegen Mutterschutz und eines Kuraufenthalts.

Fakten

Im Bundesrat wurde am 12. Juli über einen Ausschussantrag abgestimmt, der zum Ziel hatte, keinen Einspruch gegen den Gesetzesentwurf des Nationalrats zu einer Reform des ORFs zu erheben. Die Abstimmung dazu fiel mit 29 zu 29 Stimmen aus, wodurch der Beschluss erst nach einer achtwöchigen Einspruchsfrist des Bundesrats kundgemacht werden kann.

Zustandegekommen war diese Patt-Situation laut Parlamentskorrespondenz wegen der Abwesenheit je eines Mitglieds der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne. Weil zugleich eine FPÖ-Abgeordnete, die sich im Vorfeld entschuldigt hatte, doch an der Abstimmung teilnahm, habe die Koalition keine Mehrheit mehr gehabt.

Bei den Abwesenden handelte es sich laut Medien um die ÖVP-Mandatarin Barbara Prügl und den Grünen Adi Gross. Ohne ihre Stimmen konnten die Koalitionsparteien ihr Vorhaben nicht durchbringen.

Im Fall von Prügl stellte der ÖVP-Pressesprecher Daniel Kosak auf Twitter klar, dass diese in der Woche zuvor ein Kind bekommen habe. Daher sei sie bei der Abstimmung nicht anwesend gewesen.

Der Grünen-Politiker Adi Gross erklärte auf dpa-Anfrage, dass er sich im Krankenstand und mit Genehmigung der Krankenkasse in einem Therapiezentrum in Niederösterreich befinde. Er schilderte weiterhin, dass man in der Partei im Vorfeld wusste, dass die Mehrheit von seiner Anwesenheit abhängen könnte. Deshalb habe man bei der Opposition nachgefragt, die FPÖ habe eine Abwesenheit auf ihrer Seite bestätigt.

Die entsprechende Abgeordnete sei dann aber doch bei der Abstimmung erschienen. Gross habe daraufhin seinen Therapieaufenthalt abgebrochen, um ins Parlament zu fahren und für die weiteren Abstimmungen die Mehrheit zu sichern. Laut Medienberichten wurde dafür sogar die weitere Sitzung in die Länge gezogen.

(Stand: 27.07.2023)

Links

Parlamentskorrespondenz vom 12. Juli 2023 (archiviert)

«Kleine Zeitung» über den Vorfall (archiviert)

«Der Standard» über den Vorfall (archiviert)

Parlament-Seite von Barbara Prügl (archiviert)

Parlament-Seite von Adi Gross (archiviert)

Twitter-Satement von ÖVP-Sprecher (archiviert)

Headline auf «ÖSTERREICH»-Titelblatt (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.