Zahl der Hitzetoten

Hitzebedingte Übersterblichkeit hat vielfältige Gründe

27.07.2023, 18:16 (CEST), letztes Update: 27.07.2023, 18:16 (CEST)

Hitzewellen sind belastend für den menschlichen Körper und können lebensgefährlich werden. Zu sogenannten Hitzetoten gibt es jedes Jahr Schätzungen - die manche für stark übertrieben halten. Wie kommen sie zustande?

Heiße Tage, wenig Abkühlung nachts - solche Wetterbedingungen sind für sehr viele Menschen unangenehm, können aber auch ernsthaft krank machen oder das Leben kosten. Eine im Sommer 2023 veröffentlichte Studie geht von mehr als 60 000 Hitzetoten in Europa im Jahr 2022 aus. In Wirklichkeit seien 2022 gerade einmal 16 Hitzetode in Deutschland gezählt worden, wird in sozialen Netzwerken behauptet - unter Berufung auf eine Sendung eines rechtsalternativen Senders.

Bewertung

Als Hitzetote zählen nicht nur Menschen, die unmittelbar an den Folgen eines Sonnenstichs oder Hitzschlags sterben. Die Kombination aus Hitze und Vorerkrankungen erhöht das Sterberisiko, es kommt zu einer sogenannten Übersterblichkeit in heißen Phasen. Für 2022 gibt es bisher keine konkrete Todesursachenstatistik aus Deutschland.

Fakten

Wer an den Folgen von Hitze stirbt, tut das nur in seltenen Fällen ursächlich aufgrund der direkten Hitzeeinwirkung. «Die meisten "Hitzetoten" sterben nicht akut, sondern während einer längeren Phase mit sehr hohen Umgebungstemperaturen. Meist an einer Krankheit, die durch die lang andauernde Hitze forciert wurde (wie z.B. Herz-Kreislauferkrankungen bei älteren Personen)», teilte dazu Statistik Austria dem dpa-Faktencheck mit. Als Todesursache wird dann nicht Hitze angegeben, sondern die Vorerkrankung.

Auch das deutsche Robert Koch Institut (RKI) nennt eine Vielzahl von Gründen für hitzebedingte Todesfälle: sie reichten «von Todesfällen durch Hitzeschlag bis hin zu komplexeren Konstellationen, etwa bei Menschen mit vorbestehenden Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen». Deshalb müsse die Anzahl der mit Hitze im Zusammenhang stehenden Todesfälle geschätzt werden, erklärt dazu die Statistik Austria. Es werde abgeschätzt, wie viele Personen in einer Hitzewelle mehr stürben, als erwartbar wäre. «Dies setzt eine komplexe Modellrechnung voraus (welche laufend weiterentwickelt wird)», heißt es dazu.

Das Video im Posting bezieht sich auf Berechnungen, deren Ergebnisse jüngst bei Nature Medicine veröffentlicht wurden. Die Forscher arbeiteten dafür mit Eurostat-Daten aus 35 europäischen Ländern aus dem Sommer (30. Mai bis 4. September) des Jahres 2022. Auf dieser Basis errechneten sie die Schätzung von 61 672 Hitzetoten. Das ist ein Mittelwert, die Zahl liegt demnach mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 37 643 und 86 807.

Für die angeblich exakt 16 Hitzetoten in Deutschland im Jahr 2022 findet sich keine Quelle. Das deutsche Statistische Bundesamt erklärte dem dpa-Faktencheck auf Nachfrage, dass die Todesursachenstatistik 2022 voraussichtlich erst Ende 2023 vorliegen werde. Einer Pressemitteilung des Amts vom 28. Juni zufolge ließ sich im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021 in 19 Fällen Hitze als direkte Todesursache feststellen. Die hitzebedingte Übersterblichkeit gibt das RKI dagegen für die Zeit von Mitte April bis Mitte September 2022 mit 4500 an.

(Stand: 27.07.2023)

Links

Facebook-Posting (archiviert)  

Artikel “PULS24” zur Studie (archiviert

Sendung AUF1 (archiviert

RKI zur hitzebedingten Übersterblichkeit 2022 (archiviert)

Ballester-Paper in “Nature Medicine” (archiviert

Mitteilung des Statistischen Bundesamts zu Hitze als Todesursache (archiviert)

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