Stimmungsmache

Muslimas haben dieselben Kuransprüche wie alle anderen

17.07.2023, 15:05 (CEST)

Online wird die Behauptung verbreitet, dass muslimische Männer ihre Ehefrauen auf Kassenkosten bei der Kur begleiten dürfen. Doch hier soll nur Islamfeindlichkeit und Sozialneid geschürt werden.

Gerüchte über die Bevorzugung von Muslimas bei Beihilfen oder staatlichen Geldern machen immer wieder in den sozialen Medien die Runde. Oft gehen sie jedoch auf Fehlinterpretationen zurück. So kursiert seit Jahren die Behauptung, dass Muslimas ihre Ehemänner auf Kosten der Krankenkasse auf Kur mitnehmen dürfen. Ist da etwas Wahres dran?

Bewertung

Für alle Versicherten einer österreichischen Krankenkasse gelten dieselben Regeln, unabhängig von der Religion. Muslimas dürfen weder automatisch ihre Ehemänner als Begleitperson mitbringen, noch werden sie bevorzugt bei der Verteilung von Kassenplätzen.

Fakten

Wie die stellvertretende Pressesprecherin der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Viktoria Frieser, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage sagte, stimmt die Behauptung nicht. Es bestehe zwar die Möglichkeit «in verschiedenen Konstellationen und auch bei entsprechenden freien Ressourcen» als Begleitperson bei einer Kur vor Ort zu sein, eine Sonderregel für Muslimas bestehe jedoch nicht. «Das gilt für alle unsere Versicherten, unabhängig von Nationalität, Geschlecht oder Alter.»

Eine Ausnahme bilde die Kinderrehabilitation, sagte Frieser weiter. «Im Rahmen der Kinderrehabilitation sind Begleitpersonen üblich, weil es Sinn macht, über die Weiterführung der Therapie zu Hause Bescheid zu wissen.»

Auch bei der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS), die etwa 1,3 Millionen Menschen in Österreich betreut, wies die Behauptung ab. «(...) Kuraufenthalte (stellen) grundsätzlich freiwillige Leistungen dar, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Sämtliche Kuraufenthalte müssen über einen Antrag des Haus- oder Facharztes bei der SVS bewilligt werden,» hieß es von der SVS Newsroom auf dpa-Anfrage.

«Seitens SVS werden generell keine Daten zu Religion oder Herkunft erhoben. Es kommt zu keiner Bevorzugung oder Benachteiligung aufgrund von Religion/Herkunft. Damit ist die Behauptung des Postings haltlos. Bei Kuraufenthalten sind Begleitpersonen grundsätzlich nicht vorgesehen, in therapeutisch begründeten Ausnahmefällen kann eine Begleitperson bewilligt werden.»

Ob es eine private Versicherung gibt, die solche Leistungen anbietet, ist unklar.

Laut Paragraf 155 des österreichischen Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gilt, dass die Krankenkasse Kuren gewähren kann, aber dass man keinen Rechtsanspruch darauf hat. Unter «Maßnahmen der Krankenversicherungsträger zur Festigung der Gesundheit» steht, dass Reisekosten an den «wirtschaftlichen Verhältnissen der Versicherten bzw. Angehörigen» laut Abs. Z 1 bis 3 festgemacht werden. Religiöse Begründungen für Kostenerstattungen werden nicht erwähnt.

Personengruppen nach Religion zu definieren und segregieren, fördert Intoleranz und trägt nachweislich zu rassistischen Angriffen bei.

(Stand: 17.7.2023)

Links

Facebook-Beitrag (archiviert)

Österreichische Gesundheitskasse (archiviert)

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz(archiviert)

ZARA Rassismus Report 2022 (archiviert)

SVS (archiviert)

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