Eile geboten

Hund in heißem Auto eingeschlossen? Immer Polizei informieren

20.6.2023, 16:05 (CEST)

Schon bei mäßig warmem Wetter können Autos zur Hitzefalle werden. Doch was soll man tun, wenn man zum Beispiel einen Hund in solch einer lebensbedrohlichen Situation findet?

Wer seinen Hund alleine im Auto zurücklässt, setzt vor allem bei den derzeitigen hochsommerlichen Temperaturen die Gesundheit des Tieres aufs Spiel. Denn schon nach wenigen Minuten kann es in einem verschlossenen Auto sehr heiß werden. Ein Facebook-Posting besagt, dass man als Passant in diesem Fall eine Autoscheibe einschlagen darf, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Das stimmt allerdings nur bedingt.

Bewertung

Ist ein Hund in einem Auto klar ersichtlich in Lebensgefahr, sollte man in jedem Fall die Polizei informieren. Nur im äußersten Notfall sollte eine Scheibe eingeschlagen werden, um das Tier zu retten. Allerdings ist selbst dann noch mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

Fakten

Im Posting heißt es, man solle in der beschriebenen Situation ein Foto von Hund und Auto machen, dann die Polizei rufen. Nach fünf Minuten dürfe man ohne Konsequenzen die Scheibe einschlagen. Doch die Social-Media-Abteilung der Wiener Polizei warnt gegenüber dpa-Faktencheck: Wer Autoscheiben eigenmächtig einschlage, riskiere eine Anzeige wegen Sachbeschädigung.

Die klare Empfehlung lautet: «Rufen Sie die Polizei, dann kommen wir vorbei und kümmern uns um alles Weitere.» Gerade in Wien sei das meist schon nach wenigen Minuten der Fall. Die im Posting behauptete «Fünf-Minuten-Regel» gebe es laut Polizei nicht. Zeit ist in solchen Situationen allerdings tatsächlich ein wichtiger Faktor.

Einer von der Polizei Wien auf Facebook geteilten Infografik der Veterinärmedizinischen Universität Wien zufolge steigen die Temperaturen in versperrten Fahrzeugen rasch an. Schon nach zehn Minuten wird es innerhalb eines Fahrzeuges um rund zehn Grad wärmer. Ab 40 Grad Celsius ist die Gesundheit eines Hundes gefährdet, ab 46 Grad besteht demnach akute Lebensgefahr. Das Auto im Schatten zu parken oder ein Fenster einen Spalt offenzulassen, reicht nicht aus.

Das Verhalten eines Hundes im Inneren eines Fahrzeuges kann Aufschluss darüber geben, wie es um sein Wohlbefinden bestellt ist. Laut Vier Pfoten können extreme Unruhe, dauerhaftes Hecheln und Sabbern, sowie eine weit heraushängende Zunge erste Anzeichen eines Hitzschlags sein. Wirkt der Hund bereits teilnahmslos, taumelt, atmet schnell oder erbricht sich sogar, ist rasches Handeln nötig.

Doch welche Handlungen sind in so einer Situation richtig? Tatsächlich ist es sinnvoll, schnell die Polizei zu rufen und die Situation mit Fotos zu dokumentieren. ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried rät laut «vienna.at» zudem, Zeugen um Hilfe zu bitten. «Das Einschlagen einer Scheibe ist dann rechtlich gedeckt, wenn Leib und Leben bedroht sind und es keine andere Möglichkeit gibt zu helfen», so Authried. In diesem Fall bestehe für den Fahrzeugbesitzer auch kein Anspruch auf Entschädigung.

Gesetzliche Grundlage für das Handeln in solchen Situationen ist Paragraf 10 des Strafgesetzbuches. Darin wird ein «entschuldigender Notstand» folgendermaßen beschrieben: «Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, ist entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll (…).»

Weiters müsste diese Sachbeschädigung auch für einen «mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen» nachvollziehbar und alternativlos und das schonendste Mittel zum Abwenden des Schadens sein. Ein rechtfertigender Notstand sei zwar «nicht gesetzlich geregelt, ergibt sich jedoch aus der Rechtsanalogie», erklärt der Grazer Rechtsanwalt Heimo Hofstätter gegenüber der «Kleinen Zeitung». Demnach brauche es einen «unmittelbar drohenden bedeutenden Schaden für irgendein durch die Strafgesetze geschütztes Rechtsgut».

Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die Situation des Hundes falsch eingeschätzt wurde, folgt üblicherweise eine Diversion, also kein Schuldspruch und auch keine formelle Verurteilung. Allerdings hat der Autobesitzer zivilrechtlich die Möglichkeit, den Schaden vom Verursacher ersetzen zu lassen. Ganz ohne Konsequenzen ist die gut gemeinte Hilfe also nicht zwingend.

(Stand: 19.6.2023)

Links

Facebook-Posting (archiviert)

Beitrag mit Infografik auf Facebook (archiviert)

Infoseite der Stadt Wien (archiviert)

Vier Pfoten zur «Hitzefalle Auto» (archiviert)

Artikel Salzburger Nachrichten als PDF (archiviert)

Artikel «vienna.at» mit ÖAMTC-Infos (archiviert)

Strafgesetzbuch, aktuelle Fassung (archiviert)

Artikel «Kleine Zeitung» (archiviert)

Allgemeines zur Diversion (archiviert)

Informationen zu Sachbeschädigung (archiviert)

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