Kleiner Anteil, große Wirkung
Anstieg des CO2-Anteils trägt zur Erwärmung der Atmosphäre bei
7.6.2023, 12:32 (CEST)
Die seit der Industrialisierung rapide angestiegenen Treibhausgasemissionen sind die Hauptursache für die Klimakrise. Noch immer leugnen einige Menschen diesen Fakt. Aktuell wird in einem Facebook-Reel etwa mit irreführenden Zahlen jongliert. Suggeriert wird, dass durch den geringen Anteil von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre keine Notwendigkeit für Klimaschutzmaßnahmen bestünde - schon gar nicht für Deutschland.
Bewertung
Auch wenn die Hauptbestandteile der Atmosphäre Stickstoff und Sauerstoff sind: Die CO2-Konzentration wirkt sich massiv auf das Klima aus. Deutschland gehört zu den weltweit größten CO2-Verursachern. Um die Erderwärmung möglichst zu begrenzen, ist eine radikale Reduktion der Treibhausgasemissionen nötig.
Fakten
Die im Facebook-Video genannten Prozentzahlen zu den Luftbestandteilen sind korrekt. Wie sich auf der Webseite der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) nachlesen lässt, besteht die Atmosphäre zu rund 78 Prozent aus Stickstoff und zu rund 21 Prozent aus Sauerstoff. Hinzu kommen Gase wie Argon, Methan oder Wasserstoff. Kohlendioxid (CO2) wird mit rund 0,04 Prozent angegeben, wobei darauf hingewiesen wird, dass der Wert im Zunehmen ist.
Wirkung von CO2
Der scheinbar geringe Anteil von CO2 in der Luft hat sehr wohl erhebliche Auswirkungen auf das Klima. Das WDR-Wissenschaftsmagazin Quarks veranschaulicht das Phänomen folgendermaßen: «Wichtiger als die Konzentration ist schließlich die Wirkung, so wie der Mensch kiloweise Zucker essen kann, aber wenige Nanogramm eines Giftes ausreichen können, um zu töten.»
Eine US-Grafik zeigt den CO2-Anteil in der Luft von vor Tausenden von Jahren im Vergleich zu heute. Bis zum Beginn der Industrialisierung (18. Jahrhundert) blieb die CO2-Konzentration stabil, seither hat sie sich durch die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl oder Kohle und die Abholzung von Wäldern um etwa 50 Prozent erhöht. Die CO2-Konzentration beträgt heute 150 Prozent des Wertes von 1750. In vorindustrieller Zeit lag sie bei etwa 280 Parts per Million (ppm), im April 2021 bei 421 ppm.
Reduktion von CO2-Emissionen bremst die Erwärmung
Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen die Erwärmung des Klimasystems verursachen. Wie hoch genau der menschliche Anteil am CO2-Gehalt in der Luft ist, lässt sich schwer feststellen.
Allerdings gilt, dass von der Natur freigesetzte Emissionen ungefähr zu gleichen Teilen durch Ozeane und Landökosysteme wieder absorbiert werden. Das ergibt also in etwa ein Nullsummenspiel. Die durch den Menschen verursachten Emissionen kommen hinzu und können nur zum Teil wieder aufgenommen werden. Die Emissionen der Natur erhöhen die CO2-Konzentration in der Luft also nicht, die beispielsweise bei der Verbrennung von fossilem Kohlenstoff entstehenden schon.
Um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist laut Weltklimarat «eine radikale Reduktion der Treibhausgasemissionen weltweit insbesondere bis 2030 erforderlich.» Prinzipiell haben sich auch beim Pariser Klimaabkommen 193 Länder und die EU bereit erklärt, weltweit zusammenzuarbeiten, um die weltweiten Treibhausgasemissionen erheblich zu reduzieren. Das Ziel ist den globalen Temperaturanstieg in diesem Jahrhundert auf maximal zwei Grad und bestenfalls 1,5 Grad zu begrenzen. Das Abkommen ist ein rechtsverbindlicher internationaler Vertrag.
Der Anteil Deutschlands am CO2-Ausstoß
In dem bei Facebook verbreiteten Video wird nicht nur fälschlicherweise behauptet, «dass CO2 nur wenig zum Erdklima beiträgt», sondern auch, dass Deutschland keinen Einfluss auf den CO2-Anteil in der Atmosphäre hat.
Fest steht: Deutschland war im Jahr 2021 für 1,76 Prozent der weltweiten fossilen CO2-Emissionen verantwortlich. Das geht aus Zahlen der Emissionsdatenbank EDGAR, die auf der Webseite der EU-Kommission einsehbar ist, hervor. Nach Angaben von Our World in Data war Deutschland 2021 für 1,82 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zum Vergleich: Die deutsche Bevölkerung hat einen Anteil von rund einem Prozent an der Weltbevölkerung.
Deutschland war im Jahr 2021 innerhalb der EU gemäß einem Bericht von EDGAR mit 24 Prozent oder 665 884 Millionen Tonnen (Mt) der größte CO2-Verursacher. Die EU wiederum gehört mit China, den USA, Indien, Russland und Japan zu den größten CO2-Emittenten der Welt. Zusammen sind sie verantwortlich für rund 68 Prozent der weltweiten fossilen CO2-Emissionen.
Das Deutsche Umweltbundesamt nennt für 2021 in Deutschland 760 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. In diese Berechnung fließen neben CO2 auch Methan, Distickstoffoxid und fluorierte Gase (F-Gase) mit ein.
Indirekte CO2-Emissionen
Doch man kann CO2-Emissionen auch anders berechnen. Wie die deutsche Informationswebseite Klimafakten schreibt, werden die üblichen Statistiken zu Treibhausgas-Emissionen danach geführt, an welchem Ort die Gase jeweils ausgestoßen werden. Würde man sich nicht nur die Entstehung, sondern auch den Verbrauch von CO2 ansehen, käme ein anderes Bild zutage.
«Bei einer verbrauchsseitigen Betrachtung werden die Emissionen güterbezogen ermittelt und den Verbrauchern (...) als Empfänger der Exportgüter – entsprechend der Höhe ihres Verbrauchs zugerechnet. Dabei werden neben den Emissionen im Inland auch die Emissionen bei der Herstellung der Importe nach Deutschland berücksichtigt», schreibt auch das deutsche Statistische Bundesamt in einem Bericht von 2019. Man nennt diese beiden Arten von Emissionen auch direkte und indirekte CO2-Emissionen.
Laut Klimafakten sind Staaten wie Deutschland «Nutznießer dieser Bilanzierungsweise», da diese Güter importieren und verbrauchen würden, ohne dass sich diese in den Emissionszahlen niederschlagen würden. «Studien zufolge stammen 20 bis 30 Prozent des chinesischen CO2-Ausstoßes aus der Produktion von Gütern, die exportiert werden (…). Umgekehrt würden die Emissionen zum Beispiel Deutschlands um etwa 15 Prozent höher liegen, wenn man das in importierten Gütern "versteckte" CO2 berücksichtigen würde (...)», heißt es.
In der österreichischen Emissionsbilanz käme es demnach bei den CO2-Werten sogar zu einer Steigerung um 30 Prozent. Dabei wird Bezug genommen auf den wissenschaftlichen Artikel «CO2 emissions embodied in China’s export» (2019) der Verlagsgruppe Taylor & Francis.
(Stand: 7.6.2023)
Links
ZAMG zu Zusammensetzung der Luft (archiviert)
Zahlen von Our World in Data (archiviert)
Bericht von EDGAR aus dem Jahr 2022 (archiviert)
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse des Berichts (archiviert)
Umweltbundesamt zu Treibhausgas-Emissionen in Deutschland (archiviert)
Beitrag von Klimafakten (archiviert)
Bericht von deutschem Statistischen Bundesamt (archiviert)
Wissenschaftlicher Artikel bei Taylor & Francis (2019) (archiviert)
Bericht von deutschem Umweltbundesamt zu Kohlenstoffkreislauf (archiviert)
NASA-Grafik zu CO2-Konzentration (archiviert)
Umweltbundesamt über IPCC-Bericht (archiviert)
Zusammenfassung des IPCC-Berichts (archiviert)
Bericht von climate.gov (archiviert)
United Nations über Pariser Klimaschutzabkommen (archiviert)
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