Text dramatisiert

Foto von entzündetem Insektenstich ist alt

30.05.2023, 15:07 (CEST)

Menschliche Schicksale sind eine beliebte Methode, um in sozialen Medien Aufmerksamkeit und Interaktion zu generieren. Immer wieder tauchen Bilder und Geschichten auf, bei denen zum Teilen aufgerufen wird. Aktuell betrifft ein solches Posting eine Warnung vor neuartigen Mückenstichen, die heftige Schwellungen hervorrufen sollen und angeblich tödlich enden können. Begleitet wird der eindringliche Text von einem beunruhigenden Foto. 

Bewertung

Das Bild wurde anders als im Posting behauptet nicht erst kürzlich aufgenommen, sondern bereits 2017 bei Facebook veröffentlicht. Zudem wurde der begleitende Text verschärft. 

Fakten

Das Foto wurde bereits im März 2017 bei Facebook veröffentlicht - mit einer sehr ähnlichen Geschichte. Eine US-Amerikanerin schilderte damals, dass sie ihre Tochter in eine Notaufnahme gebracht habe, nachdem sich die Schwellung um einen Mückenstich wie im Foto ersichtlich ausgebreitet hatte. Bei der Tochter handelte es sich allerdings nicht wie im Posting behauptet um ein «junges Mädchen», sondern um eine schon zum Zeitpunkt des Stichs erwachsene Frau.

Der Text aus dem Original-Posting wurde weitgehend übernommen, allerdings wurde der Name der abgebildeten Frau entfernt. Weiters wurde der teils holprig ins Deutsche übersetzte Text ausgeschmückt, wohl um dramatischer zu wirken. Im Original war nicht von einer lebensbedrohlichen Infektion die Rede, sondern lediglich von einer Bedrohung für den Blutkreislauf der Betroffenen («it would have been in her blood»).

Gegenüber den Faktencheckern von France 24 äußerte sich ein französischer Arzt bereits 2021 zur möglichen Ursache für die Schwellung und Rötung. Olivier Bouchaud, Chefarzt für Infektionskrankheiten am Krankenhaus Avicenne in Bobigny bei Paris, konnte ohne nähere Informationen zum Fall keine allgemeingültige Antwort geben.

Bouchaud mutmaßte, dass es sich neben einer allergischen Reaktion auf einen Insektenstich oder Spinnenbiss genauso um Lyme-Borreliose oder eine bakterielle Hautinfektion wie Zellulitis handeln könnte. Allerdings erklärte er, dass das Foto auf eine lokale Infektion hindeute. Wenn Symptome lokal blieben, sei ein tödlicher Verlauf äußerst unwahrscheinlich. 

Michael Ramharter, Leiter der Bernhard-Nocht-Ambulanz des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, urteilte gegenüber dpa-Faktencheck ähnlich: «Die abgebildete Schwellung sieht eher nach einer bakteriellen Superinfektion aus. Das ist selten, kann aber im Prinzip nach jedem Insektenstich passieren, wenn Keime in die Wunde gelangen. Eine neue Stechmückenart oder Mückenstichart ist uns nicht bekannt.»

Bei Stechmücken verursacht grundsätzlich nicht ihr Stich an sich Erkrankungen, obwohl das auch im Original-Posting behauptet wird («a new kind of mosquito bite that causes an infection»). Abseits von möglichen allergischen Reaktionen geht die Gefahr von der Erregerübertragung von Mensch zu Mensch aus, die über einen Insektenstich stattfinden kann. Zudem sollte das Aufkratzen von Insektenstichen grundsätzlich vermieden werden, weil dadurch Infektionen ausgelöst werden können. 

Eine dpa-Anfrage bei der Frau, deren gerötetes Bein seit vielen Jahren für Verunsicherung sorgt, blieb bisher unbeantwortet. Mit dem Appell ihrer besorgten Mutter wird schon seit Jahren Interaktion generiert. Deren Schilderungen und das Foto erregten Aufmerksamkeit und reichten für Millionen von Shares.

(Stand: 25.5.2023) 

Links

Facebook-Posting (archiviert)

Posting aus 2017 (archiviert

Facebook-Foto mit Kommentar der Mutter (archiviert

LinkedIn-Profil der Frau (archiviert

France24-Faktencheck zum Thema (archiviert

Informationen zu Lyme-Borreliose (archiviert

Informationen zu Zellulitis (archiviert)

Insekten als Krankheitsüberträger (archiviert

Wissenswertes über Mücken (archiviert

Medienbericht zum ursprünglichen Posting (archiviert

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