TV-Beitrag von 2021
Nutzung sozialer Medien auch in Australien ohne Identitätsnachweis möglich
24.5.2023, 13:35 (CEST)
Ein australischer Fernsehbericht aus dem Jahr 2021 ist die Grundlage für einen Facebook-Beitrag, der Angst vor der totalen Überwachung durch den Staat schürt. Basis des auch aktuell noch geteilten TV-Beitrags ist eine Empfehlung eines australischen Parlamentsausschusses, sich für den Zugang zu sozialen Medien ausweisen zu müssen. Auch die Polizei solle demnach Zugriff auf diese Zugänge bekommen. Im Posting wird dies als Gegebenheit dargestellt.
Bewertung
Das vorgeschlagene «Social Credit System» wurde vom australischen Parlament nie umgesetzt, es blieb beim Vorschlag. Experten gehen auch weiterhin nicht von seiner Umsetzung aus. Die Polizei hat indes nur in bestimmten Fällen bereits Zugriff auf Daten aus sozialen Medien.
Fakten
Am 1. April 2021 veröffentlichte das australische Parlament den «Bericht über die Untersuchung zu familiärer, häuslicher und sexueller Gewalt» des Ständigen Ausschusses für Sozialpolitik und Recht des Repräsentantenhauses. In dem 471 Seiten umfassenden Papier findet sich auf Seite XXXI und XXXII Empfehlung Nummer 30.
Der Empfehlung zufolge solle etwa die Verantwortung für die Inhalte auf Internetplattformen nicht nur von deren Betreibern getragen werden. Der Staat solle demnach auch Zugriff auf verschlüsselte Daten haben, wenn Menschen oder die nationale Sicherheit gefährdet sein könnten.
Zudem wurde darin angedacht, dass für das Anlegen eines Social-Media-Kontos Identifikation nach einem bestimmten Punktesystem erforderlich ist, «wie eine Person ihre Identität auch für einen Mobilfunkvertrag oder den Kauf einer SIM-Karte nachweisen muss». Dieses 100-Punkte-System wird in Australien in vielen Fällen verwendet, bei denen Identitätsdiebstahl schwerwiegende Folgen hätte, etwa dem Anlegen eines Bankkontos. Auf Verlangen sollten die Plattformbetreiber der Empfehlung zufolge auch diese Daten dem Staat zur Verfügung stellen.
Empfehlung 30 zielte vor allem auf Missbrauch im Internet ab. Mit der Einführung des 100-Punkte-Systems in sozialen Medien wäre demnach die Identifikation und Strafverfolgung von Online-Verbrechern einfacher möglich. Doch der Vorschlag stieß Experten zufolge bei Betreibern und Nutzern sozialer Medien gleichermaßen auf wenig Begeisterung. Die Implementierung solcher Verifikationsprozesse wäre demnach auch eine ungeklärte Kostenfrage, zumal die Nutzung sozialer Medien kostenlos ist.
Zudem können Behörden schon nach der aktuellen australischen Gesetzeslage - die Änderung dazu wurde allerdings erst im September 2021, also nach Vorlage des Berichts verabschiedet - bei Verdacht auf kriminelle Aktivität auf Konten bei sozialen Medien zugreifen. Daher würde die Empfehlung den Experten zufolge in dieser Hinsicht wenig ändern.
Der Vorschlag wurde von zahlreichen australischen Medien aufgegriffen und kritisiert, was ihm auch überregionale Reichweite einbrachte. Mit dem TV-Bericht vom April 2021 geistert die nie in ein Gesetz gegossene Idee auch mehr als zwei Jahre danach noch durch das Internet.
(Stand: 23.5.2023)
Links
Facebook-Posting (archiviert) (Video archiviert)
Bericht zur parlamentarischen Untersuchung (archiviert)
100-Punkte-Checkliste der australischen Polizei (archiviert)
Leitfaden zum 100-Punkte-Check (archiviert)
100-Punkte-System für Bankkonten (archiviert)
Faktencheck der AAP (archiviert)
Gesetzesänderung vom September 2021 (archiviert)
Medienbericht zum Untersuchungsbericht (archiviert)
Medienbericht mit Expertenkritik (archiviert)
Weiterer Artikel mit Kritik (archiviert)
Gizmodo-Artikel zur Empfehlung (archiviert)
Tweet von 9News Australia mit Originalvideo (archiviert) (Video archiviert)
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