Covid-Impfung ist für Schwangere sicher und wird empfohlen

19.05.2023, 14:27 (CEST)

Die Corona-Pandemie ist als Thema für Falschinfos weiter beliebt. Das zeigt ein Blog-Artikel, in dem aktuell irreführende Behauptungen über die Sicherheit der Impfung für Schwangere verbreitet werden.

Seit Anfang Mai 2023 stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Covid-19-Pandemie nicht mehr als Gesundheitsnotstand ein. Obwohl in vielerlei Hinsicht wieder Normalität eingekehrt ist, kursieren im Internet weiterhin altbekannte Falschinformationen. In einem Blog-Artikel wird etwa behauptet, dass ein Pfizer-Dokument belege, dass die «hohen Impfrisiken für Föten und Babys schon im April 2021» bekannt gewesen seien. Doch das ist eine völlig unzulässige Schlussfolgerung.

Bewertung

Aus dem Dokument gehen keine solche Sicherheitsbedenken hervor. Auch wissenschaftliche Studien finden keine Hinweise darauf, dass die Impfung für Schwangere unsicher ist. Die Impfung wird unter anderem von der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) empfohlen.

Fakten

Das Dokument wurde auf der Webseite der Organisation «Public Health and Medical Professionals for Transparency» (PHMPT) veröffentlicht. Die Gruppe verlangte mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes von der US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) die Veröffentlichung aller Daten, die zur Zulassung des Corona-Impfstoffs von Pfizer geführt hatten.

Im Jänner 2022 setzte die Organisation vor einem Gericht in Texas die beschleunigte Herausgabe dieser Dokumente durch. Seitdem veröffentlichte die FDA Zehntausende Seiten mit Forschungsergebnissen von Pfizer. Auf der PHMPT-Webseite werden diese unkommentiert für alle einsehbar gemacht. Dort findet sich auch das jetzt in Sozialen Medien verbreitete achtseitige Dokument.

In dem Dokument werden Fälle aus Pfizers Datenbank «Pharmacovigilance (Safety) Database» angeführt. Die Datenbank besteht aus Meldungen zu Nebenwirkungen oder «Zwischenfällen» («adverse events»), die entweder direkt an Pfizer oder an Gesundheitsbehörden gingen oder die etwa aus medizinischer Literatur oder Studien stammten.

Konkret geht es in dem Dokument um Fälle von Schwangeren und Stillenden, bei denen in zeitlichem Zusammenhang zur Biontech/Pfizer-Impfung (BNT162b2) Nebenwirkungen auftraten. Der Startpunkt ist demnach der Entwicklungsbeginn der Impfung – wobei kein genaues Datum genannt wird - bis zum 28. Februar 2021.

Der Online-Artikel zieht auf Basis des Pfizer-Dokuments falsche Schlussfolgerungen. Durch Formulierungen wie «erschreckende Daten der klinischen Studie» wird suggeriert, dass auf Basis des Dokuments erwiesen sei, dass die beschriebenen Nebenwirkungen in kausalem Zusammenhang zur Corona-Impfung stünden – was nicht der Fall ist. In dem Dokument steht auf Seite zwei, dass die in die Pfizer-Datenbank eingehenden Meldungen «unabhängig von Kausalität» seien.

Die Daten in dem Dokument sind höchstens eine unvollständige Auflistung von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft worden sind und daraufhin über Beschwerden wie Kopfweh, Übelkeit oder Müdigkeit klagten.

In dem Dokument steht, dass 458 Fälle von Frauen, die während der Impfung schwanger gewesen seien, auf Basis der Datenbank identifiziert werden konnten. 215 Frauen hätten zum Zeitpunkt der Impfung ihr Baby gestillt.

Auf 248 Fälle von Nebenwirkungen bei Schwangeren wurde in Folge genauer eingegangen: So habe es 53 Berichte von Frauen gegeben, die eine Fehlgeburt erlitten hatten. Davon seien aber 13 Frauen mit relevanter medizinischer Vorgeschichte von Endometriose, Fehlgeburten oder unregelmäßigen Perioden gewesen sowie eine Frau mit Covid-19. Diese wurden daher von der weiteren Evaluation ausgeschlossen. Die restlichen 39 Fälle wurden auf den Seiten vier und fünf genauer behandelt.

Auf die angeblich 21 Prozent der Frauen mit Fehlgeburten kommt der irreführende Blog-Artikel, weil er die 53 von 248 Frauen hernimmt. Das ist alleine deshalb unzulässig, weil die 13 Frauen mit relevanter medizinischer Vorgeschichte hier (bei den 53) eingeschlossen wurden. 

Auch abgesehen davon hat es keine Aussagekraft, die Anzahl der Fehlgeburten auf die Gesamtzahl der Schwangeren hochzurechnen. Damit Daten repräsentativ sind und generelle Aussagen getroffen werden können, bräuchte es eine Kontrollgruppe zur Vergleichbarkeit und die Stichprobe an Fällen müsste – wenn die Fallzahl so gering ist - valide sein. Beides ist nicht gegeben.

Auf Seite sieben des Dokuments wird etwa darauf hingewiesen: «Es ist wichtig zu beachten, dass die Datenbank (…) für das Generieren von Hypothesen und nicht für die Überprüfung von Hypothesen bestimmt ist». Das heißt, dass auf Basis der Daten keine allgemeingültigen Schlüsse gezogen werden können.  

Wie zudem bereits in früheren Faktenchecks ausgeführt wurde, liegt das allgemeine Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, je nach Quelle bei zehn bis 20 Prozent.

Namhafte Gesundheitseinrichtungen empfehlen Schwangeren, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Darunter befinden sich etwa die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG). Das gilt auch für stillende Frauen. Laut der OEGGG geht der mRNA-Impfstoff nicht in die Muttermilch über, die schützenden Antikörper aber schon.

Auch Studien renommierter Fachzeitschriften - «New England Journal of Medicine», «Journal of the American Medical Association», «The BMJ» - konnten für Schwangere, die die Corona-Impfung erhalten hatten, keine Sicherheitsbedenken feststellen.

In der Studie von «The BMJ» von August 2022 heißt es etwa in der Zusammenfassung: «Die Covid-19-Impfung ist die sicherste und wirksamste Möglichkeit für Schwangere, sich und ihr Baby vor einer schweren Covid-19-Erkrankung zu schützen. Die verfügbaren Daten sprechen nicht für ein erhöhtes Risiko von Schwangeren, die eine Covid-19-Impfung erhalten haben. Weil die Vorteile der Impfung mögliche Risiken zu überwiegen scheinen, sollte sie empfohlen werden.»

Links

Presseaussendung der FDA zu Gerichtsurteil (archiviert)

Webseite von PHMPT zu Pfizer-Dokumenten (archiviert)

Pfizer-Dokument (archiviert)

APA-Faktencheck zu Wahrscheinlichkeit von Fehlgeburten

Impf-Empfehlung der CDC für Schwangere (archiviert)

Impf-Empfehlung der OEGGG für Schwangere (archiviert)

Impf-Empfehlung der OEGGG für Stillende (archiviert)

Studie vom «New England Journal of Medicine» (archiviert)

Studie vom «Journal of the American Medical Association» (archiviert)

Studie von «The BMJ» (archiviert)

«Report24»-Artikel (archiviert)

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