Manipuliertes Video

Keine Selenskyj-Spendenbox in Mailand

27.04.2023, 16:16 (CEST)

Die finanzielle Unterstützung der Ukraine mit Steuergeldern stößt bei vielen Social-Media-Benutzern auf Kritik. Begründet wird sie immer wieder auch damit, dass die Hilfszahlungen durch Korruption missbraucht würden. Ein virales Video belegt angeblich, dass eine Installation in der italienischen Stadt Mailand diesen Vorwurf öffentlich thematisiert. Zu sehen ist scheinbar eine Spendenbox, die den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abbildet und Geldscheine über dessen Nasenloch aufsaugt. Gibt es diese Installation wirklich?

Bewertung

Eine solche Installation gibt es in Mailand nicht. Es handelt sich um ein manipuliertes Video.

Fakten

Zu sehen ist in dem Video tatsächlich die Piazza Duomo in Mailand. Ein erster Hinweis darauf, dass an dem Video etwas nicht stimmt ist, dass sich keinerlei andere Aufnahmen der Spendenbox finden lassen. Das wäre bei einer tatsächlichen Installation mit einem so auffälligen Motiv äußerst ungewöhnlich. Entsprechend sagte ein Sprecher der Stadt Mailand auch auf Anfrage der dpa, dass das Video gefälscht sei und «solche Plakate im Stadtgebiet nie genehmigt worden seien».

Der gezeigte Rahmen des Plakats ähnelt zwar echten Rahmen für Werbeplakate in Mailand, die man etwa beim Mailänder Dom auf Google Street View erkennen kann. Auch das Wappen der Stadt und der Schriftzug «Comune di Milano» sind im unteren Bereich zu erkennen.

Ein Video des italienischen Journalisten und Faktencheckers David Puente zeigt aber, dass die Verbindungsstellen zwischen Bild und Rahmen in Wirklichkeit nicht dicht anliegen, wie es im Video gezeigt wird. Für das Einsaugen von Geldscheinen sei im Rahmen außerdem kein Platz, erklärte er in einem Thread auf Twitter.

Auch mehrere Auffälligkeiten in dem Video deuten auf eine Montage hin. Die Gesichter von zwei Passanten werden für einen kurzen Moment verzerrt oder sogar gedoppelt. Auch der Schriftzug über Selenskyjs Gesicht scheint nicht immer an derselben Stelle zu sein. Die italienische Plattform für Online-Journalismus Open.online kommt in einem ausführlichen Beitrag zu dem Video zu derselben Einschätzung.

Die angebliche Installation soll vermutlich Kokainkonsum andeuten. Dadurch wird ein Narrativ aufgegriffen, das im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland öfter aufgegriffen und häufig in pro-russischen Kreisen verbreitet wird. Der russische Präsident Wladimir Putin selbst bezeichnete die ukrainische Führung zu Beginn der Invasion in der Ukraine im Februar 2022 als «Bande von Drogenabhängigen und Neonazis».

Das virale Video ist mit dem Wasserzeichen eines russischen Telegram-Kanals versehen, der sich als «Polit-Blog» positioniert. Dort wurde das Video am 3. April 2023 ohne Quellenangaben hochgeladen. Ausschnitte aus dem Video findet man auch im Youtube-Beitrag eines christlich-fundamentalistischen russischen TV-Senders.

(Stand: 27.4.2023)

Links

Piazza Duomo in Mailand (archiviert)

Google Street View der Location (archiviert)

David Puentes Twitter-Thread (archiviert)

Faktencheck von Open.Online (archiviert)

Telegram-Kanal mit mutmaßlichem Original-Videopost (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Drogenvorwürfen gegen Selenskyj

Rheinische Post zu Putins Aussagen (archiviert)

Youtube-Beitrag von Tsargrad.TV zur «Installation» (archiviert)

Beitrag mit Video (archivierter Beitragarchiviertes Video)

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