Angebliche Studie angeführt

Für krebserregendes Laborfleisch gibt es keine Belege

29.3.2023, 17:45 (CEST)

Künstliches Fleisch aus tierischen Zellen: Für manche ein Heilsbringer, andere sehen ihre Gesundheit in Gefahr. Eine Warnung vor einem dadurch erhöhten Krebsrisiko entpuppt sich als falsch.

Forscherinnen und Forscher arbeiten daran, Fleisch aus tierischen Zellen im Labor herzustellen. Manche sehen diese Entwicklung kritisch, mitunter kursieren dazu Falschinformationen. In einem Blog-Artikel wird etwa behauptet, Laborfleisch habe ein «hohes Krebs- und Gesundheitsrisiko». Demnach könnten nach einer neuen Studie die Zellen, die für die Herstellung von Laborfleisch verwendet werden, Krebs auslösen.

Bewertung

Es existieren keine Belege, dass Fleisch aus dem Labor krebserregend ist. Zu der angeblichen neuen Studie finden sich keine weiteren Angaben.

Fakten

Der Blog-Artikel nennt zwar als Beleg für die Behauptungen eine «neue Studie», erwähnt aber weder Titel oder Autor noch wird darauf verlinkt. Stattdessen wird ein Artikel des bereits wegen Falschinformationen kritiserten Online-Portals «The National Pulse» angeführt, in dem der Autor behauptet, Fleisch aus dem Labor habe ein «Krebs Problem».

Bezug nimmt der Text dabei auf einen Artikel des US-Wirtschaftsmagazins «Bloomberg». Bei diesem geht aber bereits aus dem Teaser das Gegenteil von dem Inhalt des Blog-Artikels hervor: «Führende Wissenschaftler sind sich einig, dass gezüchtetes Fleisch keinen Krebs verursachen kann.» Das Problem sei hingegen, dass die Industrie dies nicht mit jahrzehntelangen Datensammlungen beweisen könne, heißt es in dem Teaser bei «Bloomberg» weiter.

Der Artikel behandelt das Imageproblem von gezüchtetem Fleisch. Für die Herstellung von Fleisch im Labor werden lebenden Tieren Stammzellen entnommen, die in einer Kulturflüssigkeit aus Fetten, Aminosäuren, Vitaminen, Mineralien und Zucker landen. Dort vermehren sie sich und wachsen zu Muskelgewebe heran.

Manchmal kommen dabei auch immortalisierte, also unsterbliche gemachte Zelllinien zum Einsatz, die so bearbeitet wurden, dass sie sich immer weiter teilen. Dies ist auch bei Krebszellen der Fall, was den Autor des «The National Pulse»-Artikels zu der Schlussfolgerung hinreißen lässt, dass es sich beim Fleisch aus dem Labor im Endeffekt um Krebs handle.

Die Methode ist laut Krebsforschern jedoch unbedenklich. Es sei quasi unmöglich, dass Menschen dadurch an Krebs erkranken oder sich tierische Zellen überhaupt im Körper eines Menschen vermehren würden, berichtet «Bloomberg». Der Biologe Robert Weinberg vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) sagt in dem Artikel: «Es ist im Grunde unmöglich, dass sich eine Zelle einer Art in das Gewebe einer anderen Art einbettet. Also selbst wenn man sehr bösartige Zellen von einer Kuh nehmen und sie trinken würde, sehe ich kein Problem.»

Eine Zulassung für Laborfleisch auf dem europäischen Markt gibt es seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bisher noch nicht. Die EFSA schlägt jedoch vor, die Sicherheit von unabhängigen Wissenschaftlern untersuchen zu lassen.

In den USA etwa erklärte die Lebensmittelbehörde FDA hinsichtlich aus Stammzellen gezüchteter Hühner des im Blog-Beitrag erwähnten kalifornischen Unternehmens Upside Foods, dass sie fraglos «genauso sicher sind wie vergleichbare Lebensmittel».

(Stand: 29.3.2023)

Links

Blog-Beitrag über angebliche Krebsgefahr (archiviert)

Artikel von «The National Pulse» (archiviert)

Organisation Newsguard über Falschinformationen von «The National Pulse» (archiviert)

Artikel von "Bloomberg" über Laborfleisch (archivert)

Umweltbundesamt über unerblich gemachte Zelllinien bei der Laborfleisch-Produktion, PDF, S. 49 (archiviert)

Einschätzung der EU-Behörde EFSA (archiviert)

Mitteilungen der US-Behörde FDA über Freigaben von Laborfleisch (archiviert)

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