Screenshot von «Financial Times»-Bericht ist manipuliert

22.03.2023, 11:09 (CET)

In den vergangenen Wochen sind ukrainische Streitkräfte in Deutschland im Umgang mit den Leopard 2-Kampfpanzern ausgebildet worden. In diesem Zusammenhang verbreitet sich im Netz ein vermeintlicher Screenshot eines englischsprachigen Berichts der Tageszeitung «Financial Times» (FT)(etwa hier und hier). In dem angeblichen Text des Artikels heißt es, zwei ukrainische Soldaten hätten um «politisches Asyl» in Deutschland angesucht, da sie nicht bereit seien, «in einem sinnlosen Krieg zu sterben» - doch das stimmt nicht.

Bewertung

Der zweite Absatz in dem Screenshot, in dem es um die beiden Soldaten gehen soll, wurde manipuliert und die Geschichte erfunden. Das deutsche Innenministerium hat zudem keine Hinweise darauf, dass ukrainische Soldaten im Rahmen der Ausbildung Asylanträge gestellt hätten.

Fakten

Der Titel des vermeintlichen «Financial Times»-Artikels lautet «Ukrainian troops to start training on Leopard 2 tanks next week» (übersetzt: «Ukrainische Streitkräfte beginnen nächste Woche mit der Ausbildung am Kampfpanzer Leopard 2»). Diesen Artikel gibt es wirklich, allerdings geht es im zweiten Absatz nicht um zwei Soldaten, die in Deutschland um Asyl angesucht haben. Stattdessen steht dort, dass nach Angaben von mit der Sache vertrauten Personen alles für das Training vorbereitet sei.

Die FT hat den Bericht am 2. Februar 2023 veröffentlicht. Es gibt archivierte Versionen von 2. und 3. Februar, in denen der angebliche Absatz über die Asylanträge ebenfalls nicht zu finden ist (hier und hier). Das spricht dafür, dass der Screenshot manipuliert und der Absatz nachträglich hinzugefügt worden sein könnte.

Tatsächlich bestätigte eine Sprecherin der Zeitung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage, dass der im Netz kursierende Screenshot gefälscht ist. «Die FT ist international für ihre Integrität und Genauigkeit anerkannt und wir verurteilen die Verbreitung von Desinformationen», teilte sie mit. Den angeblichen Absatz aus dem Screenshot hat es also nie gegeben.

Unabhängig davon gibt es keine Hinweise darauf, dass ukrainische Soldaten im Rahmen des Leopard-Trainings Asyl in Deutschland beantragt haben. Dem deutschen Innenministerium liegen dazu keine Erkenntnisse vor, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.

Weder in Deutschland noch in Österreich ist es aktuell notwendig, als geflüchteter ukrainischer Staatsbürger, Asyl zu beantragen, da Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht erhalten. Das geht aus Informationen des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie aus der Informationsplattform oesterreich.gv.at hervor. Hintergrund ist eine EU-Entscheidung vom 4. März 2022, die eine EU-Richtlinie für den Fall eines «Massenzustroms» von Vertriebenen aktiviert hat. 

Die ukrainischen Soldaten, die an den Einsatztrainings für den Kampfpanzer Leopard 2 in Deutschland teilgenommen haben, beenden derzeit ihre Ausbildung. Die Ausbildung erfolgt im Auftrag der Europäischen Union. Nach Angaben der deutschen Bundeswehr werden seit November 2022 Truppen aus der Ukraine im Rahmen der European Military Assistance Mission Ukraine (EUMAM UA) in Europa ausgebildet. 

(Stand: 22.3.23)

Links

Originaler FT-Bericht vom 2. Februar 2023 (archiviert)

Archivierte Versionen des Berichts (hier, hier

BAMF zur Einreise aus der Ukraine und zum Aufenthalt in Deutschland (archiviert)

oesterreich.gv.at über Aufenthalt von ukrainischen Geflüchteten (archiviert

EU-Durchführungsbeschluss 2022/382 vom 4. März 2022 (archiviert)

EU-Massenzustrom-Richtlinie 2001/55/EG (archiviert)

dpa-Bericht zum Abschluss der Kampfpanzer-Ausbildung für ukrainische Soldaten (archiviert)

Deutsche Bundeswehr zur Ausbildung ukrainischer Soldaten (archiviert)

Über EUMAM UA (archiviert)

Telegram-Beitrag (archiviert)

Facebook-Beitrag (archiviert)

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