Anstieg in der Statistik

Singapur verlängerte Zeitraum für zu zählende Totgeburten um sechs Wochen

10.03.2023, 16:11 (CET)

Angeblich massive Schädigungen durch die Schutzimpfung gegen Covid-19 gehören zu den beliebtesten Narrativen, um das Impfen zu diskreditieren. Oftmals greift man dabei auf überraschende Daten aus weit entfernten Ländern zurück. Dieses Mal rückt ein Medienbericht eine gestiegene Anzahl an Totgeburten in Singapur in den Mittelpunkt und bringt dies mit der Impfung in Verbindung.

Bewertung

Falsch. Eine Neudefinition des Zeitraums, in dem tödliche Schwangerschaftskomplikationen als Totgeburt gelten, führt seit 2021 zu höheren gemessenen Zahlen an Totgeburten in Singapur. Mit der Impfung hat dies nichts zu tun. Das wurde auch schon in der Originalquelle der Behauptung, einem Blogartikel, richtiggestellt.

Fakten

Singapur hat im Jahr 2021 den vorgegebenen Zeitraum für die Einordnung einer Schwangerschaft mit tödlichen Folgen für den Fötus als Totgeburt geändert. Bis dahin wurden derartige Vorfälle ab der 28. Schwangerschaftswoche als Totgeburt gezählt. Nun gilt dies im Inselstaat bereits ab der 22. Schwangerschaftswoche, wie auf Seite 22 des neuen Gesetzestextes steht.

Die Änderung zog einen massiven Anstieg in den Statistiken zu Totgeburten mit sich, da mehr Fälle erfasst wurden. Dies wurde von einigen kritischen Beobachtern missinterpretiert. So zog etwa der ehemalige «New York Times»-Journalist Alex Berenson einen Vergleich zwischen den augenscheinlich höheren Todesfällen und der Impfung. Auf seinen Blogbeitrag beruft sich auch der Medienartikel. 

Allerdings stellte Berenson die Behauptung einen Tag nach der Veröffentlichung richtig. In seinem Blogbeitrag findet sich mittlerweile in der Überschrift ein Hinweis in Großbuchstaben: «THIS ARTICLE IS ESSENTIALLY INCORRECT – SINGAPORE CHANGED IT’S DEFINITION OF STILLBIRTHS» («Dieser Artikel ist im Wesentlichen falsch - Singapur hat die Definition von Totgeburten geändert»). Zudem veröffentlichte er am 2. März eine Korrektur und einen Hinweis auf Twitter.

Berenson ist bereits öfter mit Falschinformationen hinsichtlich der Corona-Impfung aufgefallen. Die US-amerikanische Zeitschrift «The Atlantic» nannte ihn im Jahr 2021 den Mann, der in der Pandemie am öftesten falsch gelegen hat(«The Pandemic’s Wrongest Man»). Im August 2021 wurde sein Twitter-Account aufgrund seiner Äußerungen zur Impfung gesperrt.

Aktuelle Studien aus dem letzten Jahr zeigen, dass eine Corona-Impfung in der Schwangerschaft nicht zu einem erhöhten Risiko für Früh-, Fehl- oder Totgeburten führt. Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) rät Frauen mit Kinderwunsch bzw. in der Schwangerschaft zur Impfung. Zu Falschbehauptungen über eine angeblich schädliche Wirkung der Impfung hinsichtlich Schwangerschaften hat dpa bereits Faktenchecks veröffentlicht.

(Stand: 10.3.2023)

Links

Medienbericht mit Behauptung (archiviert)

Bericht über Geburten und Todesfälle in Singapur 2019 (archiviert)

Gesetzesänderung in Singapur 2021 (archiviert)

Blog-Artikel von Alex Berenson (archiviert)

Tweet von Alex Berenson (archiviert)

Korrektur des Blog-Artikels (archiviert)

The Atlantic über Berenson (archiviert)

Newsweek über Twitter-Sperre Berensons (archiviert)

Studie zu Früh-, Fehl- und Totgeburten (archiviert)

Meta-Analyse zu Wirksamkeit von Impfung in der Schwangerschaft (archiviert)

Studie zu Impfungen bei Schwangeren (archiviert)

FAQ der OEGGG (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Fehlgeburten

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.