Verzehr von Insekten
Morbus Gaucher ist eine Erbkrankheit, keine Reaktion auf Chitin
13.2.2023, 17:14 (CET)
Seit die EU-Zulassungen für Hausgrillen und sogenannte Buffalowürmer erteilt hat, gehen in sozialen Medien die Wogen hoch. Immer wieder werden Horrorszenarien dazu verbreitet. Jüngst im Visier der Skeptiker: Die Chitin-Panzer von Insekten. Dieser sei für den menschlichen Verzehr ungeeignet und könne etwa Erbkrankheiten auslösen.
Bewertung
Chitin ist zwar ein schwer verdaulicher Ballaststoff, auf den Allergiker reagieren könnten, für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gar gefährlich ist es aber nicht. Morbus Gaucher ist eine Erbkrankheit, die nicht durch den Lebenswandel oder Ernährungsgewohnheiten verursacht wird, sondern angeboren ist. Auch die beiden anderen angesprochenen Krankheiten werden nicht durch Chitin ausgelöst.
Fakten
Seit Tausenden von Jahren verzehren Menschen in vielen Gegenden der Welt Insekten. In Europa fallen sie unter die Novel Food Verordnung. Produkte, die Insekten beinhalten, müssen deshalb strenge Genehmigungsprozesse durchlaufen. Da Menschen mit Allergien auf Krebstiere, Weichtiere oder Hausstaubmilben auch auf den Verzehr von Insekten allergisch reagieren könnten, müssen solche Produkte einen entsprechenden Warnhinweis beinhalten.
Das Chitin im Panzer von Insekten kann Allergien auslösen. Grundsätzlich ist der Mehrfachzucker ein unverdaulicher Ballaststoff, der die Darmtätigkeit anregt, und damit wichtig für die menschliche Verdauung, etwa zur Krebsprophylaxe.
Chitin findet man nicht nur in Insekten. Es ist auch Bestandteil von Algen, Hefen und manchen Schwammerlarten. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit wird es vom Körper quasi unverändert wieder ausgeschieden. Laut aktuellen und früheren Gutachten zu Insektenchitin ist dieses für den menschlichen Verzehr unbedenklich.
Generell sind Lebensmittel, die in der Europäischen Union verkauft werden, sicher. Zu den aktuellen Entwicklungen in Sachen Verkauf und Verzehr von Insekten in der EU hat die dpa jüngst einige Faktenchecks veröffentlicht, darunter zur allgemeinen Kennzeichnungspflicht von Inhaltsstoffen und Allergenen und zur Abgrenzung von Insekten und Weichtieren.
Morbus Gaucher ist eine seltene Stoffwechselkrankheit, an der nur etwa eine unter 40 000 Personen leidet. Bemerkbar macht sie sich meist erst ab dem Jugendalter, etwa durch Knochenschmerzen oder vergrößerte Organe. Wie bei anderen Erbkrankheiten ist die Neigung dazu angeboren. Auslöser ist eine Genmutation auf Chromosom 1, die nur dann in der Krankheit münden kann, wenn diese Mutation bereits bei beiden Elternteilen vorlag. Von außen zugeführte Stoffe wie etwa Chitin können diese Krankheit demnach nicht verursachen.
Die im Zusammenhang mit Chitin weiters erwähnte Sarkoidose (auch Morbus Boeck) wird ebenso als Erbkrankheit bezeichnet, das ist allerdings wissenschaftlich nicht gesichert. Obwohl deren Ursachen noch nicht restlos erforscht sind, könnten auch Genmutationen dafür verantwortlich sein. Betroffene leiden unter Entzündungen im ganzen Körper.
(Stand: 13.2.2023)
Links
Allergie-Informationen zu Chitin (archiviert)
Fachbuch zur Tier- und Humanphysiologie zu Chitin
Biologie-Lexikon über Ballaststoffe (archiviert)
Artikel zu Ballaststoffen und Krebs (archiviert)
EFSA-Sicherheitsbericht unter anderem über Chitin (archiviert)
EFSA-Gutachten über Hausgrille vom Mai 2022 (archiviert)
EFSA-Gutachten über Mehlwürmer vom Juli 2010 (archiviert)
dpa-Faktencheck zu Insekten als Lebensmittel
dpa-Faktencheck zu Weichtieren und Insekten
Informationen zu Morbus Gaucher (archiviert)
Erbkrankheiten in Medizin-Lexikon (archiviert)
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