EU-Vorschrift
Lebensmittel mit Insekten müssen gekennzeichnet sein
1.2.2023, 16:48 (CET)
Als Ende Jänner die EU-Durchführungsverordnungen für das Inverkehrbringen von Hausgrillen und Larven des Gelbschimmelkäfers in Kraft traten, machte das viel Aufsehen. Nicht nur klassische Medien waren voll davon, auch auf sozialen Plattformen wurde viel darüber diskutiert – und auch einige Unwahrheiten verbreitet, etwa zur fehlenden Kennzeichnungspflicht oder Allergenen.
Bewertung
Bevor Lebensmittel in der EU verkauft werden dürfen, müssen sie strenge Auflagen erfüllen, die ihre Lebensmittelsicherheit gewährleisten. Das gilt auch für Insekten, die seit 2015 der Novel Food Verordnung der EU unterliegen. Diese müssen in der Zutatenliste vermerkt werden, zudem muss auf Produkten, in denen Insekten verarbeitet wurden, ein Allergenhinweis angebracht sein.
Fakten
Die 1997 in Kraft getretene Novel Food Verordnung regelt den Umgang mit neuartigen Lebensmitteln, die laut Verordnungstext «vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden». Dazu zählen seit einer Novelle 2015 auch Insekten, die als ressourcenschonende und proteinreiche tierische Alternative gelten.
Damit wurde sichergestellt, dass die hohen EU-Lebensmittelstandards auch auf Produkte, die Insekten enthalten, angewendet werden müssen. Speiseinsekten, die in der EU vertrieben werden, stammen laut Lebensmittelchemiker Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg immer aus kontrollierter Aufzucht. Die EU-Kommission betonte im Zuge der jüngsten Neuerungen, dass Lebensmittelsicherheit für sie «oberste Priorität» habe.
Allerdings startete der Verkauf von Insekten, sowie aus ihnen gewonnenen Produkten schon vor 2023. Christoph Thomann, Gründer und CEO der österreichischen Firma Zirp Insects, zufolge ist das «im ganzen EU-Raum seit spätestens 2021 erlaubt und in einigen EU-Ländern wie Deutschland, aber auch Österreich schon seit 2015».
Die aktuellen Durchführungsverordnungen betreffen zwei Insektenarten: Für «teilweise entfettetes Pulver aus Acheta omesticus (Hausgrille)» hatte das vietnamesische Unternehmen Cricket One Co. Ltd am 29. Juli 2019 einen entsprechenden Antrag gestellt. Dieser wurde nun genehmigt.
Den Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von «Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer) in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form» stellte das niederländische Unternehmen Ynsect NL B.V. am 7. Jänner 2018. Beide Verordnungen traten nun innerhalb weniger Tage in Kraft.
Gemeinsam ist beiden Verordnungen auch, dass darin vieles klar geregelt ist – von den Produkten, in denen sie verwendet werden dürfen bis hin zum exakten Wortlaut, wie sie in der Zutatenliste ausgewiesen werden müssen. Denn wie Daniela Krehl vom Verbraucherschutz Bayern dem Focus sagte: «Was als neuartiges Lebensmittel zugelassen ist, muss als Zutat auf der Zutatenliste erscheinen.»
Zudem deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass Personen mit Allergien gegen Weichtiere, Krebstiere oder Hausstaubmilben auch auf den Verzehr von Insekten allergisch reagieren könnten. Daher ist auch dieser Allergenhinweis verpflichtend anzugeben, während die Allergenität von Insekten weiter erforscht wird. Derzeit ist die EU-Kommission Kommission «der Auffassung, dass keine spezifischen Kennzeichnungsvorschriften (…) aufgenommen werden sollten».
Ein dritter häufig geteilter Mythos ist, dass Lebensmittel, die Insekten enthalten, als vegetarisch oder gar vegan verkauft werden dürften. EU-Recht zufolge zählen Insekten zu «Lebensmitteln, die aus Tieren oder deren Teilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt wurden». Eine entsprechende Kennzeichnung ist daher verpflichtend.
(Stand: 31.1.2023)
Links
Informationen zur Novel Food Verordnung (archiviert)
Verordnung, Fassung 2015 (archiviert)
Artikel derstandard.at (archiviert)
Artikel kleinezeitung.at (archiviert)
Verordnungstext zu Hausgrillen (archiviert)
Verordnungstext zu Käferlarven (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.