Keine Belege, dass Hamlin wegen Impfnebenwirkung zusammenbrach

Das Schicksal von US-Football-Profi Damar Hamlin hat in den vergangenen Tagen nicht nur die Sportwelt bewegt. Der Safety der Buffalo Bills war am 2. Jänner 2023 im Spiel bei den Cincinnati Bengals nach einem Zusammenstoß mit einem Gegenspieler zusammengebrochen und wurde nach bangen Tagen erst Anfang dieser Woche aus dem Krankenhaus entlassen. Schnell wurde in sozialen Medien über die Ursache spekuliert - und ebenso schnell spekulierten manche Beobachter über die Covid-Impfung.

Bewertung

Die Ursache für Hamlins Herzstillstand ist noch nicht gefunden. Derzeit wird angenommen, dass es sich um eine sehr seltene Komplikation handeln könnte, die durch einen Aufprall während einer bestimmten Phase des Herzschlags ausgelöst wird. Auch Hamlins Team sprach von einem Herzstillstand nach einem Aufprall. Sein Impfstatus ist unbekannt. Impfnebenwirkungen oder Impfschäden treten üblicherweise in zeitlich nahem Zusammenhang mit einer Impfung auf.

Fakten

Das Rätselraten um die Ursache begann unmittelbar nach Abbruch des Spiels. Lange bevor sich die behandelnden Ärzte erstmals an die Öffentlichkeit wandten, war in einschlägigen Kreisen schon von Hamlins Corona-Impfstatus als Auslöser zu lesen.

Dabei ist nicht einmal gesichert, dass Hamlin tatsächlich gegen schwere Verläufe des Coronavirus geimpft ist, auch wenn die letzte diesbezügliche Information der NFL das nahelegt. Im Februar 2022 wurde in einem Pressebriefing erklärt, dass rund 95 Prozent aller NFL-Spieler geimpft seien.

Dieser Medientermin liegt bereits fast ein Jahr zurück. Für Impfnebenwirkungen wäre das ein sehr langer Zeitraum. Dazu schreibt die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: «Nebenwirkungen, die unerwartet und erst lange Zeit (zum Beispiel mehrere Jahre) nach der Impfung auftreten, sind bei noch keiner Impfung beobachtet worden und sind auch bei den Covid-19-Impfstoffen nicht zu erwarten.»

Ein Kausalzusammenhang zwischen Impfung und möglichen Nebenwirkungen oder Reaktionen kann demnach am häufigsten innerhalb weniger Tage bis Wochen angenommen werden, ist aber auch da extrem selten. Die Melderate von Verdachtsfällen auf schwerwiegende Nebenwirkungen liegt im niedrigen Promillebereich. Nicht jede Meldung resultiert auch in einer Bestätigung der Annahme. Ob Hamlin in den vergangenen Tagen oder Wochen gegen das Coronavirus geimpft wurde, ist nicht bekannt.

Als eine der möglichen Ursache für den plötzlichen Zusammenbruch Hamlins gilt derzeit eine sogenannte Commotio cordis, eine sehr seltene Diagnose, die vor allem junge Menschen betrifft. Dabei kann ein dumpfer Stoß gegen den Brustkorb in einem bestimmten Moment des Herzrhythmus - etwa durch Sportgeräte wie Basebälle oder Eishockeypucks, aber auch durch andere Arten von Einschlag - das Herz aussetzen lassen.

Mark Link, Kardiologe am University of Texas Southwestern Medical Center, beschrieb die Szene mit Hamlin gegenüber dem US-Sportsender ESPN als «ziemlich typisch für Commotio cordis»: Dass Hamlin unmittelbar nach dem Zusammenprall aufgestanden und nach wenigen Sekunden kollabiert sei, passe ins Gesamtbild. Allerdings betonte Link, dass noch eine Reihe anderer möglicher Herzprobleme als Ursachen ausgeschlossen werden müssten.

Auch Links Kollege Christopher Madias vom New England Cardiac Arrhythmia Center nahm in einem Interview mit NPR in einer ersten Reaktion Commotio cordis als mögliche Ursache an. Dass Hamlin einer von nur zwei bis drei Dutzend jährlichen Fällen in den USA sein könnte, liegt vor allem am Timing des Aufpralls. Dieser könne den Herzstillstand nur auslösen, wenn er in einem bestimmten Zeitfenster des Herzrhythmus von nur 20 bis 30 Millisekunden passiere.

Auch wenn vermutlich noch länger unklar bleiben wird, was Hamlins Zusammenbruch ausgelöst hat: Eine mögliche Covid-Impfung wurde bisher von keinem der mit der Angelegenheit betrauten Ärzte als Ursache angenommen. Die Tatsache des so kurz nach dem Aufprall aufgetretenen Herzstillstands sowie die weltweite Datenlage zu Impfschäden sprechen wie in so vielen anderen Fällen klar gegen die Impfung als Ursache.

(Stand: 13.1.2023)