Keine «15-Minuten-Stadt»

Neues Verkehrskonzept in Oxford fehlinterpretiert

30.12.2022, 14:31 (CET)

Die Angst vor zu großen Restriktionen durch Regierung und Verwaltung ist nicht erst seit den Corona-Lockdowns in Teilen der Bevölkerung verbreitet. Einige Menschen fürchten, immer mehr individuelle Freiheiten zu verlieren.

In einschlägigen Gruppen werden immer wieder Horror-Szenarien des Wegfalls individueller Freiheiten gezeichnet. Nun soll es laut Behauptungen in sozialen Medien in der britischen Stadt Oxford sogar so weit kommen, dass Menschen in gewissen Stadtvierteln festgehalten werden. Dort sollen alltägliche Tätigkeiten innerhalb von 15 Minuten erledigt werden können, «längere Wege sind demnach unnötig, klimaschädlich und müssen verboten werden», heißt es in einem viralen Sharepic.

Bewertung

Die Durchfahrt von gewissen Straßen soll im Inneren von Oxford eingeschränkt werden, private Pkws bekommen hierfür ein gewisses Kontingent im Jahr. Dennoch kann sich jeder Mensch jederzeit frei zwischen den Vierteln bewegen, private Autos können auf größere Stadtstraßen ausweichen.

Fakten

In Oxford soll ein neues Verkehrskonzept getestet werden, nachdem der dortige Stadtverkehr für die Grafschaftsverwaltung Oxfordshire ein Problem darstellt. «Derzeit sind unsere Straßen mit Verkehr verstopft, und dieser Verkehr schadet unserer Wirtschaft und unserer Umwelt. Oxford braucht ein nachhaltigeres, zuverlässigeres und inklusiveres Verkehrssystem für alle», hieß es in der Erklärung des Konzepts, das am 29. November 2022 beschlossen worden ist.

Private Pkws dürfen demnach zu bestimmten Zeiten nicht mehr durch einige Straßen fahren. Dafür ist zukünftig eine Sondergenehmigung notwendig, die Einwohner der Stadt sowie einiger Gebiete aber beantragen können. Dadurch können sie bis zu hundert Tage pro Jahr dennoch diese Wege passieren.

Das bedeutet, dass für private Pkws zwar die Übertretung von Bezirksgrenzen schwieriger und limitiert wird. Sie können aber jederzeit auch außerhalb des verfügbaren Kontingents in andere Stadtteile fahren, indem sie die Ringstraße nutzen, die Oxford umgibt.

Andere Fahrzeuge wie Busse, Taxis, Lieferwagen, Mopeds, Motorräder und Lastwagen sind hingegen jederzeit zugelassen. Insgesamt soll nach Informationen der Grafschaftsverwaltung das Verkehrsaufkommen in der Stadt um 20 Prozent und in der Innenstadt um 35 Prozent reduziert werden. Überwacht werden soll die Einhaltung der neuen Maßnahmen durch eine automatische Nummernschilderkennung per Kameras.

In sozialen Medien wird das Konzept oft in Zusammenhang mit einem angeblichen «Klima-Lockdown» und dem «15-Minuten-Stadt»-Konzept gebracht. Bei letzterem handelt es sich um eine städteplanerische Vision: «Jeder, der in einer Stadt lebt, sollte innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad Zugang zu wichtigen städtischen Dienstleistungen haben», steht auf der Webseite des Projekts geschrieben.

Die Stadtverwaltung Oxfords stellte hingegen klar, dass es eine Falschinformation sei, dass die Bewegungsfreiheit der Menschen auf ihr Viertel beschränkt werden soll. Mitglieder der Stadtverwaltung als auch der Grafschaftsverwaltung von Oxfordshire sind laut einer Pressemitteilung wegen der viralen Falschinformationen bereits bedroht worden. Auch Medien berichteten darüber.

(Stand: 30.12.2022)

Links

Sharepic (archiviert)

Offizielle Erklärung zu Verkehrskonzept (archiviert)

Mitteilung der Grafschaftsverwaltung zum Beschluss des Verkehrskonzepts (archiviert)

Erklärung der Stadtverwaltung von Oxford (archiviert)

Visualisierung von Bürgern des Bezirks Headington (archiviert)

Oxford Mail über das neue Verkehrskonzept (archiviert)

BBC zu den Drohungen (archiviert)

«15-Minuten-Stadt»-Projekt (archiviert)

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